«Apropos» – der tägliche PodcastAltersheime in der Pandemie: Müllsäcke statt Mundschutz
5000 Menschen, die Hälfte aller Corona-Toten in der Schweiz, starben in Alters- und Pflegeheimen. Wurden sie von den Behörden im Stich gelassen – obwohl sie besonderen Schutz gebraucht hätten?

«Es traf uns wie eine Bombe», erinnert sich eine Pflegerin an den März 2020. Die erste Corona-Welle überrumpelte die ganze Schweiz – und besonders die Alters- und Pflegeheime. Diese wurden von heute auf morgen abgeriegelt: Ausgangs- und Besuchsverbot.
Nun, ein Jahr später, ergibt eine Umfrage des Tamedia-Recherchedesks bei 1400 Heimen – bei Leitern, Bewohnerinnen und Pflegern – ein klares Bild, was während dieser Pandemie alles schieflief. (Lesen Sie hier Teil 1, Teil 2 und Teil 3 der dreiteiligen Recherche.) Betagte wurden teils über Wochen weggesperrt, was sie psychisch stark belastete. «Ich fühlte mich wie eine Schwerverbrecherin», erinnert sich die 89-jährige Elise Hess. Türen mussten zugesperrt und Zäune aufgebaut werden, um Angehörige fernzuhalten, die sich nicht an die Massnahmen hielten. Weil Schutzmaterial fehlte, nahm man alles zu Hilfe, was zur Hand war – selbst Müllsäcke.
Was hätten die Behörden besser machen können? War es gerechtfertigt, den Schutz des Lebens höher zu gewichten als die Lebensqualität der Heimbewohner? Und was hat man inzwischen, zu Beginn der dritten Welle, aus dieser Erfahrung gelernt? Das erzählt Recherchedesk-Reporterin Catherine Boss in einer neuen Folge des Podcasts «Apropos».
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Das Schlimme war und ist, dass die Seniorinnen und Senioren gar nie gefragt worden sind, was sie selbst zu ihrem Schutz und ihrem menschenwürdigen Weiterleben in der Pandemie wünschen. Eine Entmündigung der betagten Menschen - peinlich und beschämend für eine angeblich so liberal-offene Gesellschaft! Es gibt kaum etwas Schlimmeres, als wenn man am Lebensende noch per staatliche Massnahmen pauschal zu einer unmenschlichen Einsamkeit über mehrere Monate verdammt wird.
Andererseits war es auch schrecklich zu sehen, wie viele Heime Masseninfektionen hatten - weil viele Angestellte offensichtlich das Virus verantwortungslos von aussen eingeschleppt hatten, wogegen die zuständigen Behörden erschreckend lange hilflos wirkten. Hoffentlich werden für die Zukunft die richtigen Lehren gezogen, damit so etwas nie wieder vorkommt!