«Die Türkei hat die Schlacht um die Wahrheit verloren»
100 Jahre nach dem Völkermord an den Armeniern tut sich die Türkei immer noch sehr schwer mit ihrer Geschichte. Die Gesellschaft sei aber der Regierung voraus, sagt der türkische Politologe Cengiz Aktar.
Recep Tayyip Erdogan hat vor einem Jahr mit einer Versöhnungsgeste überrascht. Vor dem 99. Jahrestag des Armenier-Genozids sprach der damalige Ministerpräsident der Türkei den «Enkeln der 1915 getöteten Armenier» sein Beileid aus. Es war das erste Mal, dass ein türkischer Regierungschef eine solche Erklärung an die Armenier abgegeben hat. Den Begriff «Völkermord» benutzte der Präsident der Türkei allerdings nicht, und er sprach auch keine Entschuldigung aus – beides verlangen die Armenier von der Türkei. Die Türkei ist die Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reichs, dessen jungtürkische Regierung für den Tod von bis zu 1,5 Millionen Armeniern verantwortlich ist.