«Er wird dem Krieg ein Ende setzen»
In den Lokalen gibt es Kuchen, Frikadellen und Gemüse zu günstigen Preisen: Am Wahlsonntag ist am Puschkin-Boulevard in Donezk alles wie in alten Sowjetzeiten.
Im Wahllokal in der Schule Nummer eins am Puschkin-Boulevard im ostukrainischen Donezk erinnert heute vieles an alte Sowjetzeiten: Vor dem Gebäude ertönt Musik aus Lautsprechern, drinnen erwartet die Wähler ein Büfett, an dem zu niedrigen Preisen Kuchen, Frikadellen und Obstsäfte verkauft werden. Wer will, kann nach der Stimmabgabe vor der Schule zudem zu Sonderpreisen Kartoffeln, Karotten und Kohl kaufen und mit nach Hause nehmen.
Zum Puschkin-Boulevard kommen viele Menschen aus allen Teilen der Stadt, die sich anderswo von Kämpfen bedroht fühlen. Auf grossen Plakaten wird überall verkündet, dass bei den als Parlaments- und Präsidentschaftswahlen deklarierten Abstimmungen jeder ein beliebiges Wahllokal aufsuchen kann. Unabhängige Wahlbeobachter gibt es nirgends - und dass in Donezk und Luhansk die bislang ungewählten Rebellenführer Alexander Sachartschenko und Igor Plotnizki auf ihren Posten bestätigt werden, gilt als ausgemacht.
Riesige Plakate
«Nach den Wahlen werden unsere Anführer gewählt sein, sie müssen deshalb von den ausländischen Staaten anerkannt werden», verlangt die Wählerin Olga Nikolajewna in der Schule Nummer eins. Dies gelte «in erster Linie für Russland, aber auch für alle anderen». Wie viele andere auch berichtet die 47-Jährige freimütig, für Sachartschenko gestimmt zu haben. «Er ist ein Militär, das brauchen wir jetzt an der Staatsspitze», ergänzt sie mit Blick auf die sogenannte Volksrepublik Donezk.
In der Schule 104 am Boulevard des 50. Gründungstags der UdSSR werden die Wähler von einem riesigen Plakat zu Ehren der Helden der Sowjetunion begrüsst. «Ich habe für Sachartschenko gestimmt, er ist jung, wird dem Krieg ein Ende setzen und die Korruption bekämpfen», sagt die 74-jährige Nadeschda Ermotschenko, die hier ihre Stimme abgibt. «Wir müssen uns ein Beispiel an Lenin und Stalin nehmen, denn die waren ehrlich und haben nicht gestohlen», fügt sie hinzu.
Gegen Kiew
Wer ausser Sachartschenko bei den Wahlen noch antritt, etwa für das regionale Parlament, weiss Ermotchenko nicht. Für sie und die anderen Wähler in der Schule Nummer 104 ist allerdings auch nur eines wichtig - dass sämtliche Kandidaten sich gegen die ukrainische Regierung wenden, von Kiew unabhängig werden wollen und eine Annäherung an Russland anstreben. Sicher sind sie sich zudem, dass Moskau den Urnengang trotz harscher Kritik aus Kiew und dem Westen anerkennen wird.
Anatoli Grigorjewitsch, 59-jähriger Elektroingenieur, sieht seine Heimat daher auf dem besten Weg, sich zu «Neurussland» zu ernennen. Unter dem Begriff verstehen die prorussischen Separatisten einen eigenen Staat im Osten und Süden der Ukraine. «Wir brauchen zunächst die Unabhängigkeit von den Faschisten in Kiew», sagt Grigorjewitsch. «Dann müssen wir unser Territorium vergrössern, indem wir Odessa, Charkiw und andere historisch zu uns gehörende Städte zurückholen.»
cfm/gt
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