«Washington versteht nicht»
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu war offenbar enttäuscht von Obamas gestriger Rede. Heute wird er den US-Präsidenten persönlich in Washington treffen.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat sich nach Auskunft eines hochrangigen Vertreters enttäuscht von der jüngsten Rede des US-Präsidenten gezeigt. «Washington versteht nicht, mit was wir konfrontiert sind», sagte der Vertreter bezüglich der Rede Barack Obamas zur Nahost-Politik.
Netanyahu sei enttäuscht, dass die Rede nicht auf die palästinensischen Forderungen eingegangen sei, Millionen Palästinenser nach Israel zurückzuführen, bei denen es sich zumeist um Nachkommen jener Menschen handelt, die 1948 bei der Gründung des Staates Israel vertrieben wurden oder geflohen waren.
Staat basierend auf «dauerhafter Okkupation»
«Man hat das Gefühl, dass Washington die Realität nicht versteht, dass Washington nicht versteht, mit was wir konfrontiert sind», sagte der Vertreter vor einem Treffen Netanyahus mit dem US-Präsidenten im Weissen Haus. Netanyahu war am frühen Morgen in Washington eingetroffen.
Obama hatte sich gestern im Nahost-Konflikt hinter die Forderung der Palästinenser nach einem eigenen Staat auf Grundlage der Grenzen vor dem Sechstagekrieg 1967 gestellt. Israel müsse erkennen, dass es keinen friedlichen Staat basierend auf «dauerhafter Okkupation» haben könne, erklärte Obama in einer Grundsatzrede.
Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas begrüsste zwar den Vorschlag, schwieg aber zu Obamas Warnung, sich nicht im Alleingang um die Anerkennung eines eigenen Staates durch die UNO-Vollversammlung zu bemühen.
Kein Friedensplan
Arabische Vertreter wie der ägyptische UNO-Botschafter bemängelten trotz ihrer grundsätzlichen Zustimmung, dass Obama keine konkreten Vorschläge für eine Wiederaufnahme der seit Jahren festgefahrenen Friedensgespräche gemacht habe.
Er sei enttäuscht, dass Obama keinen formellen Friedensplan vorgelegt habe, sagte Botschafter Maged Abdelasis. «Da hätten wir vom Präsidenten mehr erwartet».
Positiv sei dagegen, dass Obama eine Lösung in den Grenzen von 1967 vorgeschlagen habe. Diesem Urteil schliesst sich der jordanische Aussenminister Nasser Dshadwdeh an.
EU-Kommission begrüsst Rede
Die EU-Aussenbeauftragte Catherine Ashton hat begrüsst, dass US-Präsident Barack Obama sich für eine Nahost-Friedenslösung auf Grundlage der Grenzen von 1967 ausgesprochen hat. Ashton begrüsse die Aussage des US-Präsidenten, «dass die Grenzen Israels und Palästinas auf den Grenzen von 1967 sowie beiderseitig zugestimmtem Landtausch basieren sollten», sagte ihre Sprecherin in Brüssel.
Syrien verärgert
Syrien hat US-Präsident Barack Obama eine unerwünschte Einmischung in innere Angelegenheiten vorgeworfen. Dessen Forderung, Machthaber Bashar al-Assad solle demokratische Reformen einleiten oder «aus dem Weg gehen», sei als «Anstiftung» zu werten, hiess es in einer Meldung der staatlichen Nachrichtenagentur Sana. «Obamas Rede bestätigt die Realität amerikanischer Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Länder der Region, einschliesslich Syriens», hiess es weiter.
Die Äusserungen des US-Präsidenten zur Lage in Syrien gestern waren die bisher deutlichsten seit Beginn der Unruhen im März. Menschenrechtlern zufolge sind bei dem brutalen Vorgehen der syrischen Sicherheitskräfte gegen Demonstranten bisher mindestens 850 Menschen getötet worden.
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