«Bin nicht bereit, meine Prinzipien für Privilegien zu verkaufen»
Edward Snowden eine Marionette des Kremls? Nach seinem Auftritt an der TV-Fragestunde von Wladimir Putin musste sich der Ex-NSA-Mitarbeiter Kritik gefallen lassen. Nun verteidigt er sich.
Hatte Edward Snowden die Frage live gestellt, oder wurde lediglich eine Aufzeichnung von ihm eingespielt? Und hat sich der NSA-Whistleblower aus einer Gefälligkeit heraus Wladimir Putins Propaganda zur Verfügung gestellt? Snowdens Auftritt an der öffentlichen Fragestunde des russischen Präsidenten sorgte weltweit für Diskussionen und Spekulationen. Im «Guardian» hat sich Edward Snowden nun dazu geäussert.
Stewart Baker, der ehemalige Leiter für Rechtsangelegenheiten bei der NSA, griff den Whistleblower im Blog «The Volokh Conspiracy» der «Washington Post» heftig an. Unter dem Titel «Snowdens Selbstbeschuldigung» schrieb Baker: «Es sieht ganz danach aus, als ob Snowden bei den Spielchen des Kremls mitspielen würde; er stellt sich als Lieferant für vorbereitete Softballs (einfach zu beantwortende Fragen, Anm. d. Red.) zur Verfügung.»
Edward Lucas vom «Economist» bezeichnete Snowden als «Marionette der Kreml-Propaganda». Der Auftritt werfe Fragen auf, so Lucas. Unter welchen Umständen lebe Snowden tatsächlich in Russland? Wie sein Verhältnis zum Kreml wohl aussehe?
Kritik von Unterstützern
Kritik musste sich Edward Snowden auch aus den Reihen seiner Anhänger anhören. Jillian York von der Electronic Frontier Foundation, einer NGO, die sich für Grundrechte im Informationszeitalter einsetzt, äusserte sich über Twitter: «Snowdens Frage WAR Softball. Wenn er tatsächlich so viel weiss, wie er stets behauptet, hätte er gewusst, dass seine Formulierung Putin eine einfache Ausweichmöglichkeit bot.»
York hatte Edward Snowden schon mehrmals öffentlich verteidigt.
«Gelegenheiten für ernsthafte Journalisten»
Snowden verteidigt im «Guardian» seinen Auftritt. Er sei live via Videoverbindung zugeschaltet worden. Mit seiner Frage zu den Überwachungspraktiken in Russland habe er «Gelegenheiten für ernsthafte Journalisten und die Zivilgesellschaft» schaffen wollen, die Debatte «voranzutreiben», erklärte Snowden in einem Beitrag für die britische Zeitung.
Der ehemalige NSA-Mitarbeiter hatte Putin gefragt, ob Russland «die Kommunikation von Millionen Bürgern auf irgendeine Weise abfängt, speichert oder analysiert». Putin antwortete, es gebe in Russland keine «Massenüberwachung» der Bevölkerung, die Geheimdienste würden strikt überwacht.
Die Formulierung seiner Frage, so Snowden weiter, sei überdies kein Zufall gewesen. Er habe bewusst die Frage aufgegriffen, welche US-Senator Ron Wyden in einer Fragerunde dem Nationalen Geheimdienstdirektor James Clapper gestellt hatte. Drei Monate vor den NSA-Enthüllungen hatte Clapper abgestritten, die US-Regierung sammle Daten über ihre Bürger. «Meine Frage sollte den mittlerweile berühmten Austausch zwischen Senator Wyden und Clapper widerspiegeln. Ich wollte entweder ein klares Zugeständnis oder ein deutliches Ausweichen von Putin hören.»
«Verkaufe meine Prinzipien nicht»
Ihm sei klar gewesen, dass seine Teilnahme an Wladimir Putins Fragerunde auf Kritik stossen werde. «Für mich war klar: Die Chance, das Tabuthema Überwachungsstaat vor einem TV-Publikum anzusprechen, war stärker als das Risiko.»
Im vergangenen Jahr habe er Familie, Leben und Freiheit aufs Spiel gesetzt, um eine globale Debatte zu entfachen. «Weder damals noch heute war ich bereit, meine Prinzipien für Privilegien zu verkaufen.»
Der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter Snowden hatte im August 2013 in Russland für ein Jahr Asyl erhalten, nachdem er mit seinen Enthüllungen über die Abhörpraktiken des US-Geheimdienstes NSA weltweit für Furore gesorgt hatte. Die USA wollen Snowden verhaften und ihm den Prozess machen.
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