Das Rechnen als dritte Disziplin
Der Schweizer Volkssport Hornussen ist mehr als nur schlagen und abtun. Wer den Zwischenstand wissen will, muss es im Kopf ausrechnen oder sich anderer Hilfsmittel bedienen.

Hornusser sind zähe Typen. Als am Samstagmittag das NLA-Spitzenspiel zwischen Höchstetten und Zuchwil beginnt, ist es beinahe 30 Grad heiss. Wer im Feld draussen die gegnerischen Nousse abfangen, abtun, muss, hat keine Möglichkeit, sich in den Schatten zu begeben. «Das macht denen nichts aus», meint Hans Rudolf Kummer, der Präsident der HG Höchstetten, der zugleich dem Organisationskomitee des Eidgenössischen Hornusserfests im August vorsteht. «Sie müssen nur darauf achten, dass sie genug trinken. Sonst lässt die Konzentration nach.» Jede Mannschaft, die aus 18 Spielern und einem Ersatzmann besteht, ist je zweimal mit Schlagen und Abtun an der Reihe.
Ein Meisterschaftsspiel dauert so seine Zeit. Zwischen drei und dreieinhalb Stunden muss einplanen, wer eine Partie in ihrer Gänze verfolgen will. Einer schlägt, von irgendwo aus dem Ries genannten Spielfeld hört man ein «Plopp», wenn der geschlagene Nouss abgetan wird. Und wenn kein «Plopp» zu hören ist, muss das auch nicht bedeuten, dass es eine Nummer (siehe Kasten) gegeben hatte. In der NLA müssen Nousse, die über dreihundert Meter weit fliegen, nicht mehr abgetan werden. Mehr geschieht eigentlich nicht. Zum Zuschauen gibt es sicher attraktivere Sportarten. Und doch verfolgen Simon Lüthi, Marc Lienhard und Gerhard Wenger interessiert das Spiel. Die drei jungen Männer sind Fachleute. «Wir hornussen selber bei Biberist-Dorf und kennen Spieler von beiden Mannschaften. Unter Hornussern herrscht eine gute Kameradschaft.» Die auch am Ende des Spiels sichtbar wird, als der Präsident der unterlegenen Gesellschaft den Siegern per Handschlag zu ihrem Erfolg gratuliert.
Ergebnisse werden per Funk mitgeteilt
Die Schlagresultate werden auf einer Resultattafel eingetragen. Walter Kummer werden die Ergebnisse per Funk mitgeteilt, er trägt sie dann von Hand auf die Tafel ein. Kummer hat die Geschichte der Hornussergesellschaft Höchstetten massgeblich geprägt. Er war während zwanzig Jahren auch Präsident. Seit 2003 ist er an den Meisterschaftsspielen als Schreiber tätig, Kummer ist zudem auch für die Jahresplanung der HG Höchstetten zuständig. Er ist auch auswärts meist vor Ort und spricht vom Spiel eine Woche zuvor, als Höchstetten bei Biglen-Arni nach fast drei Jahren erstmals wieder eine «Nummer» einkassiert hatte. «Die Serie musste einmal reissen», findet Walter Kummer. «Ich hoffe, dass wir heute ohne Nummer bleiben.»
Gegen Ende des Spiels rücken Kummer und seine Resultattafel immer mehr in den Mittelpunkt. Neben Schlagen und Abtun ist als dritte Disziplin Rechnen angesagt. Auf der Tafel wird nicht laufend zusammengezählt. Wer über den Zwischenstand auf dem Laufenden sein will, muss sich entweder im Kopfrechnen üben oder sich anderer Hilfsmittel bedienen. Ein Zuschauer im mittleren Alter zückt den Taschenrechner und addiert die einzelnen Schlagresultate. Auch er stellt rasch fest, dass der Gastgeber, der Schweizer Meister des letzten Jahres, wohl seine zweite Niederlage in Folge hinnehmen muss.
Und so kommt es auch. Höchstetten totalisiert am Ende 1372 Punkte, Zuchwil 1395 Zähler. Für die Gastgeber kommt es am Tag darauf noch schlimmer. In einem vorgezogenen Meisterschaftsspiel beim Tabellenletzten Schüpbach lassen sie wieder einen Nouss zu Boden fallen und verlieren so die dritte Partie hintereinander. Der Meistertitel kann mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht verteidigt werden. Zuchwil hingegen ist wieder zum Spitzenteam geworden. Die Solothurner, die in der letzten Saison insgesamt sieben Nummern kassiert hatten, liessen 2009 noch keinen Nouss ins Spielfeld fallen. «Wir haben neue Leute im Team. Insbesondere Joel Mumenthaler, der über einen Arbeitskollegen zu uns kam, hat für eine Verbesserung der Abwehrarbeit gesorgt», erklärt Mannschaftsführer Michael Stoll die Wandlung seines Teams. Zuchwil ist Zweiter, 2 Punkte hinter dem ungeschlagenen Biglen-Arni. Die Direktbegegnung findet am letzten Spieltag der Meisterschaft, am 8.August, statt. Ob es dann wieder so heiss ist?
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