Olympia in GefahrDer nächste Rückschlag für Sina Siegenthaler
Eineinhalb Jahre hat sie unter dem Pfeifferschen Drüsenfieber gelitten. Jetzt bremsen eine Kreuzbandverletzung und ein Knorpelschaden die Snowboardcrosserin.

20 Monate dauerte die Rennpause. Eine lange Zeit für eine «Wettkampfsau», wie sich Sina Siegenthaler selber bezeichnet. Dann endlich gilt es wieder ernst. Ende November ist die 21-jährige Emmentalerin bei der Olympia-Hauptprobe der Snowboardcrossserinnen in China am Start. Und als Achte in der Qualifikation und als Elfte im Rennen auf Anhieb beste Schweizerin – wie schon bei ihrem letzten Einsatz im März 2020 in Veysonnaz (5.), kurz bevor der Lockdown verhängt wurde.
«Es machte Spass, endlich wieder am Start zu stehen. Ich war allerdings ziemlich nervös und verspürte auch schon wieder Druck, den ich mir allerdings selber machte. Doch am Ende konnte ich meine Erwartungen übertreffen», blickt sie auf das Comeback zurück. Zudem erhielt sie die Gewissheit: «Der Olympiakurs liegt mir.» Ein gutes Omen für das Rennen am 9. Februar 2022, das grosse Ziel der Schangnauerin.

Siegenthaler erhielt im chinesischen Resort Secret Garden noch eine andere Bestätigung. Das Pfeiffersche Drüsenfieber ist überwunden. Eineinhalb Jahre hat sie darunter gelitten. Im Januar 2020 erkrankte sie in Kanada, diagnostiziert wurde das Drüsenfieber aber erst Monate später, als sie die Spitzensport-RS in Magglingen absolvierte. Erst in diesem Sommer stand sie wieder auf dem Snowboard.
Der Sturz in Österreich
Nach dem Comeback in China stand am vergangenen Wochenende das zweite Weltcuprennen im österreichischen Montafon auf dem Programm. Doch Siegenthaler fehlte am Start. «Ich war am Mittwoch im Training gestürzt. Die Sicht war schlecht, ich war vielleicht kurz zu wenig konzentriert, ansonsten muss ich mir nichts vorwerfen.» Die Landung auf statt nach dem nächsten Roller war hart. «Erst schlug ich mit dem Kopf auf, danach mit dem Knie.» Die Diagnose war noch der härtere Schlag: «Einer der beiden Stränge am vorderen Kreuzband soll gerissen sein. Das grössere Problem ist jedoch der Knorpelschaden.» Wie das abgebrochene, fingernagelgrosse Stück hinter der Patellasehne nun wieder zusammenwachse, entscheide über die Dauer der Pause. In den letzten Tagen haben sich drei Ärzte die Verletzung angeschaut und sind sich teils noch nicht einig, wie schlimm die Schäden sind, vor allem jene am Kreuzband. Auf eine Operation wird vorerst verzichtet.
Heilt alles nach Wunsch, kann Siegenthaler in weniger als sechs Wochen wieder aufs Brett zurückkehren. Gerade rechtzeitig für den letzten Selektionswettkampf am 22. Januar in Italien. Zweimal einen Top-12- oder einmal einen Top-8-Platz lautet das Selektionskriterium von Swiss-Ski und Swiss Olympic für die Teilnahme an den Winterspielen in Peking. «Natürlich bleibt das mein Ziel. Aber jetzt daran zu denken, bringt nichts. Momentan lautet mein Ziel: wieder gut auf meinem Bein gehen zu können», sagt Siegenthaler. Täglich humpelt sie in die Physiotherapie. Bis Weihnachten disloziert sie nun nach Magglingen, wo sie optimale Bedingungen für die Rehabilitation vorfindet.
Keine Negativspirale
Siegenthaler hat den Rückschlag akzeptiert. «Klar ist das schwierig zu verkraften, aber ich will positiv bleiben.» Denn eines ist für die Bernerin, die früher auch als Schwingerin im Sägemehl stand, klar: «Ich kenne mehrere Sportler, die sich immer wieder verletzt haben. In diese Negativspirale will ich auf keinen Fall geraten.» Sie hat sich während der langen Pause nicht bloss zur Expertin in Präventiv- und Sporternährung ausgebildet, sondern kam mit dem mentalen Training ein gutes Stück voran. Von dieser Arbeit kann sie nun profitieren. Ein Gedanke an das Karriereende sei «in keiner Sekunde» aufgekommen. Im Gegensatz zum Pfeifferschen Drüsenfieber muss sie jetzt nicht vollständig auf das Training verzichten. «Ich darf bereits wieder etwas Velo fahren. Das stimmt mich zuversichtlich.»

Peter Berger ist Sportredaktor.
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