Ein Skandal fernab der Weltöffentlichkeit
Von der Atomdebatte überschattet, begann gestern im Iran der Prozess zum grössten Finanzskandal des Landes. Für Präsident Mahmoud Ahmadinejad geht es dabei um sein politisches Überleben.

Im Iran hat heute ein Prozess um den bislang grössten Finanzskandal in der Geschichte der Islamischen Republik begonnen. Im Fokus der Ermittler steht dabei auch die Regierung um Präsident Mahmoud Ahmadinejad. Den 32 Angeklagten wird Bestechlichkeit und Bestechung vorgeworfen. Einigen von ihnen droht die Todesstrafe.
Gemäss der Nachrichtenagentur Reuters geht es dabei um gefälschte Dokumente, die von der Investmentfirma Amir Mansour Arya zur Sicherung von Krediten im Gesamtvolumen von 2,6 Milliarden Dollar genutzt wurden. Dies berichtete gestern auch die iranische Nachrichtenagentur Irna. Mit dem Geld seien staatliche Firmen im Zuge der Privatisierungspläne der Regierung gekauft worden.
Vermögen von mehr als vier Milliarden Dollar unter staatlicher Kontrolle
Insgesamt sollen sieben Banken verwickelt sein. Hauptangeklagter sei der Manager Mah Afarin Amir Chosrawi, dem die Todesstrafe drohe. Die Amir Mansour Investment Company besitzt im Iran nach eigenen Angaben rund 20 Firmen mit 20'000 Mitarbeitern. Die Regierung hatte im September deren Firmenvermögen im Volumen von mehr als vier Milliarden Dollar unter ihre Kontrolle gestellt.
Ahmadinejad hat Vorwürfe seiner politischen Gegner zurückgewiesen, Chosrawi habe Verbindungen zum Leiter des Präsidialbüros, Esfandiar Rahim Mashaie, gehabt. Dem widersprechend hatten iranische Medien kürzlich einen Brief veröffentlicht, in dem Ahmadinejads Berater und Büroleiter Esfandiar Rahim Mashaie Wirtschaftsminister Shamseddin Hosseini um Unterstützung des Konsortiums bat.
Der Prozess könnte vor den Parlamentswahlen das Ansehen Ahmadinejads in der Bevölkerung weiter beschädigen. Im Iran gibt es einen Machtkampf zwischen Ahmadinejad und dem geistlichen Oberhaupt des Landes, Ayatollah Ali Khamenei.
Schwächung für Wahlen am 2. März
Im konservativen Klerus ist Ahmadinejad umstritten. Hardliner sehen in ihm den Erfüllungsgehilfen einer «abweichenden Strömung», die die Autorität der Geistlichen untergraben wolle. Zuletzt hatte der Sturm auf die britische Botschaft in Teheran Ende November den Riss in der politischen Führungselite offenbart. Konservative Hardliner versuchten dabei westlichen Diplomaten zufolge offensichtlich, den Iran in die internationale Isolation zu treiben, um Ahmadinejad im Vorfeld der Präsidentenwahl 2012, die am 2. März stattfindet, zu schwächen. Demnach wurden die Strippen für den Angriff auf die Botschaft von Männern loyal zu Khamenei im Hintergrund gezogen.
Der Präsident vertritt den Iran nach aussen, seine Vollmachten sind aber vor allem durch den geistlichen Führer begrenzt, der in Schlüsselfragen beim Militär und dem Atomprogramm das letzte Wort hat.
Der Prozess könnte nun die Wiederwahl von Präsident Ahmadinejad gefährden. Doch der innenpolitische Machtkampf erhält in den internationalen Medien so gut wie keine Aufmerksamkeit. Tatsächlich wird er durch Meldungen über den angeblichen Ausbau des iranischen Atomprogramms überschattet. Laut der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) hat der Iran angeblich einen weiteren Schritt in diese Richtung unternommen.
Erneutes Militärmanöver
Die iranischen Behörden hätten letzte Vorbereitungen für die Installation Tausender moderner Zentrifugen in der unterirdischen Urananreicherungsanlage Fordo getroffen, sagten ranghohe Diplomaten gestern der Nachrichtenagentur AP in Wien. Damit könnte Uran wesentlich schneller und effizienter angereichert werden als mit den bisherigen Anlagen. Mit der Installation der Zentrifugen sei jedoch noch nicht begonnen worden, betonten die Gewährsleute. Europa und die USA werfen dem Iran vor, Atomwaffen zu entwickeln, was Teheran bestreitet.
Zur gleichen Zeit verkündet die iranische Revolutionsgarde den Beginn eines zweitägigen Militärmanövers. Die Übung sei heute vor der Stadt Jasd im Landesinneren gestartet worden, teilte der Befehlshaber des Heeres, Mohammed Pakpur, auf der Website der Streitkräfte, Sepahnews.com (kann derzeit nicht aufgerufen werden, Anm. d. Red.), mit. Die Revolutionsgarde ist die mächtigste Einheit der iranischen Streitkräfte. Der Iran hat vor dem Hintergrund des Streits um sein Atomprogramm in jüngster Zeit bereits eine Serie von Manövern abgehalten.
Artikel mit Material der DAPD und AFP.
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