«Ein Traumjob, aber nicht meiner»
Diese Woche kündigte Raphael Urweider überraschend seinen Rücktritt als Co-Leiter des Schlachthaus Theaters per Ende Jahr an. Ist der Führungsjob für den Autor und Musiker eine Nummer zu gross?

Raphael Urweider, nach nur eineinhalb Jahren werfen Sie das Handtuch. Überfordert Sie die Co-Leitung des Schlachthaus Theaters? Nein, aber ich habe mit der Zeit gemerkt, dass ich nicht bereit bin, 100 Prozent als Kulturveranstalter zu arbeiten. Ich habe viele gute inhaltliche Ideen mitgebracht, aber die verwaltungstechnische Seite ist sicher nicht meine Stärke. Deshalb habe ich mich damals im 2007 auch gemeinsam mit Carol Blanc beworben. Jeder von uns hätte ein 50-Prozent-Pensum gehabt. Darauf habe ich mich sehr gefreut, leider war diese Zusammenarbeit von kurzer Dauer.
Carol Blanc ist schon nach einem Jahr wegen Mutterschaft ausgestiegen. War diese Doppelbewerbung nicht zu leichtfertig? Das nicht, aber dass der Vorstand uns, zwei Künstler ohne grosse Managementerfahrung, gewählt hat, war sicher ein grosses Risiko – aber eines, das er eingehen wollte. Und darüber war ich sehr froh. Als Carol Mutter wurde, war ihr die Co-Leitung dann zu viel. Das konnten wir vorher nicht wissen.
Wieso haben Sie nach dem Abgang von Carol Blanc dennoch weitergemacht? Weil ich glaubte, dass ich es kann, dass es mich nicht zerreisst. Wissen Sie, als Künstler war ich vorher zehn Jahre lang freischaffend. Und es war mir schlicht nicht bewusst, wie wichtig mir das freie Schaffen, das Schreiben und Musikmachen ist, weil ich es ja immer hatte. Nun weiss ich, das Schlachthaus Theater zu leiten ist ein Traumjob, aber nicht meiner.
Dann sind Sie daneben gar nicht dazu gekommen, auch künstlerisch tätig zu sein? Wenig. Aber der Druck von aussen auf mich war enorm. Viele wollten wissen, weshalb ich nicht mehr schreibe. Andererseits war auch der Druck vom Schlachthaus da, ich könne doch nicht noch etwas nebenbei machen. Mit der Zeit hatte ich das Gefühl, dass diese Situation auch fürs Schlachthaus eine Belastung war. Und weil mir das Haus sehr am Herzen liegt, überlasse ich die Leitung lieber jemandem, der sich hier mit Leib und Seele als Veranstalter engagieren kann.
Ist es nicht eher verantwortungslos, das Schlachthaus gerade in der wichtigen Phase der Subventionsverhandlungen zu verlassen? Ich verlasse das Haus ja nicht in einem desolaten Zustand, sondern nach einer guten Zeit. Ich gehe auch nicht im Streit und werde fürs Schlachthaus weiterhin dasein, aber als Künstler.
Welche Bilanz ziehen Sie als künstlerischer Leiter? Das ist schwierig. Ich denke schon, dass ich das Haus für ein neues Publikum geöffnet und auch neue Allianzen geknüpft habe, etwa mit der Hochschule der Künste. Meine Kommunikation hätte hingegen besser sein können. Ich habe viel erledigt, ohne dass ich es an die grosse Glocke gehängt oder mit den anderen besprochen hätte. Das war nicht immer optimal. Dies liegt aber vor allem daran, dass ich als Künstler gewohnt war, allein oder nur befristet mit mehreren Leuten zusammenzuarbeiten.
Welche Pläne haben Sie nach Ihrem Rücktritt? Grosse Pläne habe ich noch nicht, aber ich werde im März in Berlin bei einem Musiktheater Regie führen. Ich möchte auch möglichst verschiedene Sachen machen, wie früher, so wie es mir wohl am besten liegt.
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