Einwanderung verändert die Städte – Schweizer werden verdrängt
Die starke Einwanderung aus dem Ausland führt zu einschneidenden Umschichtungen auf dem Schweizer Wohnungsmarkt.

Über lange Jahre waren die Grosszentren mit wachsenden Anteilen älterer Bevölkerungsgruppen konfrontiert. Das ändert sich nun, wie die Immobilien-Experten des Beratungsunternehmens Wüest & Partner konstatieren.
In der Stadt Zürich beispielsweise nahm der Anteil der 65- bis 79- Jährigen in den vergangenen zehn Jahren um 13 Prozent ab. In Teilen der Agglomerationsgemeinden, vor allem aber an peripheren Lagen, ist hingegen ein beschleunigter Alterungsprozess festzustellen. Die Entwicklung in der Stadt Zürich ist in den anderen Schweizer Grossstädten ähnlich (siehe Grafik).
Einwanderer verdienen gut
Die neue Generation von Einwanderern ist zumeist hoch qualifiziert, jung und mobil. Die Zuzüger lassen sich bevorzugt in den grossen Arbeitsplatz-Zentren nieder. Da sie auch über hohe Löhne verfügen, ziehen die Wohnungspreise sowohl in den Zentren als auch in den steuergünstigen Agglomerationen stark an. Das führt zu einer Verdrängung von Einheimischen aus den Städten: Insbesondere Familien und Leute mit niedrigen Einkommen weichen auf preiswertere Lagen aus.
Wüest & Partner schreiben dazu in ihrem Bericht: «Die aktuelle Entwicklung der Nachfrage auf den Schweizer Wohnungsmärkten im Zuge der starken Zuwanderung aus dem Ausland darf als historisch einmalig bezeichnet werden.» Und weiter: Noch nie sei der Anteil hoch qualifizierter, einkommensstarker Einwanderer so gross wie in den letzten drei Jahren gewesen, und noch nie seien so viele Personen zur ständigen Wohnsitznahme in die Schweiz eingewandert.
Knapp 310'000 Personen seien in den letzten drei Jahren zur ständigen Wohnsitznahme aus dem Ausland in die Schweiz eingewandert. Demgegenüber verliessen 180'000 Personen das Land. Der Wanderungssaldo (ohne Statuswechsel von Kurzzeitaufenthaltern) betrug innert drei Jahren also rund 130'000 Personen, heisst es im Bericht.
Mieten steigen an
Das Beratungsbüro Wüest & Partner hat zudem weiter errechnet: Im zurückliegenden Halbjahr beschleunigte sich der Preisauftrieb der Mieten gesamt in der Schweiz weiter - entgegen den Erwartungen. Der Anstieg lag mit rund 2 Prozent fast doppelt so hoch wie in den sechs Monaten zuvor, wie es in der am Dienstag veröffentlichten Frühlingsausgabe des Immo-Monitoring von Wüest & Partner heisst.
Nach Jahren mit steigenden Mieten zeichnet sich gemäss den Experten nun aber in der nahen Zukunft eine Trendwende ab. Ein Preiszerfall ist in den nächsten Monaten gleichwohl nicht zu erwarten. Denn die Leerstandsquote liegt nach wie vor auf einem sehr tiefen Stand, und die Zuwanderung von Ausländern bleibt trotz der Abschwächung beträchtlich.
Dass es in der Schweiz - trotz der intensiven Wohnbautätigkeit - bislang zu keiner «Wohnungsschwemme» kam, liegt nach Ansicht von Wüest & Partner nicht zuletzt daran, dass ein Grossteil der neu erstellten Wohnungen nicht zur Miete, sondern zum Kauf auf den Markt kam. Hier tickt laut den Experten «eine Zeitbombe».
Zwangsverkäufe drohen
Die rekordtiefen Hypothekarzinsen führten in den letzten Monaten dazu, dass sich immer mehr Mieter eine Eigentumswohnung kauften, um die Wohnkosten zu senken. Sollten die Zinsen nun abrupt steigen, könnten viele Wohneigentümer vor grossen Finanzproblemen stehen.
Je länger dieser Trend zur Eigentumswohnung anhält, umso radikaler könnte der Preiseinbruch ausfallen, heisst es im Immo-Monitoring. Platzt die Preisblase, kommt nicht nur die Nachfrage zum Erliegen, vielmehr wäre auch mit einer Zunahme von Zwangsverkäufen zur rechnen. Der Markt könnte sogar in eine Abwärtsspirale geraten.
Aktuell sieht die Situation allerdings noch völlig anders aus. Zwar verlangsamte sich der Preisanstieg bei den Eigentumswohnungen im vergangenen Halbjahr ein wenig. Das Plus von 3,1 Prozent lag aber klar über den Erwartungen. In den vergangenen zehn Jahren stiegen hierzulande die Preise für Eigentumswohnungen um über 40 Prozent. Bemerkenswert ist, dass sich der Preisauftrieb im Rezessionsjahr 2009 kräftig beschleunigte: Mit einem Plus von 6,8 Prozent über die letzten zwölf Monate war er doppelt so hoch wie im Durchschnitt des letzten Jahrzehnts.
Regionale Ausreisser
Im Gegensatz zu den Eigentumswohnungen verlief die Preisentwicklung bei den Einfamilienhäusern in den letzten Jahren in ruhigen Bahnen. Die Gefahr einer Preisblase besteht nicht. Das hat unter anderem damit zu tun, dass die zahlenmässig stark wachsenden Single- und Paar-Haushalte weniger an einem eigenen Häuschen interessiert sind.
In einzelnen Regionen gibt es jedoch Ausreisser. Im Raum Zürich etwa betrug der Preisanstieg bei den angebotenen Einfamilienhäusern über die letzten zwölf Monate fast 8 Prozent. Die Experten von Wüest & Partner bezeichnen das als beunruhigend. Auch in der Genfersee-Region fiel der Anstieg sehr stark aus.
Wende bei Büroflächen
Trotz der Wirtschaftskrise verteuerten sich in den vergangenen sechs Monaten die Büroflächen um 2,4 Prozent. Im Immo-Monitoring wird das mit qualitativen Veränderungen des Angebots begründet. So würden günstige Flächen an zweitklassigen Lagen nicht mehr aktiv angeboten - und werden von der Statistik nicht erfasst.
In den kommenden Monaten stagnieren die Preise für Büroflächen oder sie fallen sogar leicht. Deutlich dürfte die Korrektur in den Regionen Zürich und Genf ausfallen, die in der Vergangenheit auch besonders zugelegt hatten. In Genf stiegen die Angebotspreise in den vergangenen zehn Jahren um nicht weniger als 78 Prozent.
SDA/sam
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