Erste Sprengung für den Rettungsstollen im Leissigentunnel
Nach den Tunneln entlang des linken Brienzerseeufers ist nun auch der Leissigentunnel an der Reihe: Während der nächsten dreieinhalb Jahre entsteht hier ein neuer Rettungsstollen.
Montagabend kurz nach acht in der Leissiger Oberey: Tunnelpatin Barbara Gafner – die Spannung steht ihr ins Gesicht geschrieben – drückt nach den vorgängigen Hornstössen entschlossen den Auslöseknopf zur ersten Sprengung des 42-Millionen-Projekts «Sicherheitsstollen A8 / Leissigentunnel» des Bundes.
Dreimal ein dumpfer Knall, und die 80 Kilo Tovex-Sprengstoff haben 30 Kubikmeter Felsgestein zu handgrossen Brocken zerkleinert. Durch den schmalen Spalt zwischen dem mit Spritzbeton gesicherten Stollenportal und dem am Raupenbagger aufgehängten Gummiteppich aus alten Lastwagenreifen dringt dichter, gelber Rauch ins Freie.
«Wir wohnen gleich da drüben. Der Bauleiter hatte die Idee, dass ich mich mit meinem Vornamen für die erste Sprengung eignen würde.»
Die Ventilation läuft auf Hochtouren, sodass die Mineure bereits nach wenigen Minuten in den knapp 30 Meter tief in den Berg hinein vorbereiteten Stollen vorstossen und dort das Resultat besichtigen können: einen Berg von frisch abgeschlagenen, scharfkantigen Felsbrocken.
Barbara, die Nachbarin
Und wie kam Barbara Gafner zu ihrer Ehre, den Stollenbau eröffnen zu dürfen? «Wir wohnen gleich da drüben, hundert Meter weiter westlich. Der Bauleiter hatte die Idee, dass ich mit meinem Vornamen für diese erste Sprengung geeignet wäre», so die junge Landwirtin.
Sprengmeister Manfred Hofer zeigte sich jedenfalls überzeugt, «dass eine unmittelbare Nachbarin des Bauplatzes, die denselben Vornamen trägt wie die Schutzpatronin der Tunnelbauer, für diese Amtshandlung geradezu prädestiniert ist».
Sprengen neben der A 8
Für diese erste von bevorstehenden rund 800 Vortriebssprengungen haben die Verantwortlichen des Bundesamtes für Strassen (Astra) den 2100 Meter langen Umfahrungstunnel der A 8 während vier Stunden sperren lassen, der Verkehr zwischen Spiez und Interlaken wurde in diesen Stunden über die Kantonsstrasse des Dorfes Leissigen umgeleitet.
«Unter anderem aus Sicherheitsgründen», wie Mark Siegenthaler sagt. Der Astra-Mediensprecher: «Wir sind hier zwar 25 Meter vom Tunnelgewölbe entfernt, wollen aber sicher sein, dass die Sprengerschütterungen am Tunnel keinen Schaden anrichten.» Zu diesem Zweck habe man dort 15 Erschütterungsmesser angebracht, die man vor der Wiederöffnung des Tunnels habe auswerten müssen.
Die Nachkontrolle habe schliesslich ergeben, dass das Gewölbe des A8-Tunnels erwartungsgemäss unversehrt geblieben sei. «Trotzdem werden wir während der ganzen Bauzeit die Erschütterungen bei jeder Sprengung mit jeweils drei Erschütterungssensoren überwachen.»
Während der ganzen Bauzeit. Das heisst, bis zum Durchbruch beim zwei Kilometer westlicher gelegenen Westportal, der in etwa zwei Jahren geplant ist. Danach folgen die Betonierarbeiten und der Bau der sieben Querverbindungen zum Tunnel, alle 250 Meter eine; die längste wird 80 Meter lang.
Sprengen unter dem Dorf
Die Vorbereitungsarbeiten für den Fluchtstollen begannen Anfang April mit dem Abholzen des Waldes, dem Voreinschnitt mit 2000 Kubikmetern Aushub zur Errichtung des Installationsplatzes und ersten Lockerungssprengungen. Er liegt gute zehn Meter über der A-8-Fahrbahn, kaum zu sehen hinter ein paar Bäumen südlich des Ostportals des Leissigentunnels.
«Wegen der engen Platzverhältnisse und der wechselnden Geologie wäre der Einsatz einer Tunnelbohrmaschine, wie wir sie am Brienzersee einsetzen konnten, hier undenkbar gewesen», sagt Mark Siegenthaler. Deshalb erfolge der Vortrieb mit Sprengungen. So wird in Tiefen von rund 60 Metern unter den Häusern von Leissigen während der nächsten zwei Jahre der neue, vier Meter hohe Fluchtstollen entstehen.
Den Gebäuden im Dorf soll laut Siegenthaler nichts geschehen: «Zur Sicherheit haben wir zuvor entsprechende Rissprotokolle gemacht.» Falls wider Erwarten Erschütterungen zu Schäden führen sollten, würde man auf diese Weise feststellen, ob allfällige Risse den Sprengungen zuzuschreiben sind.
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