
Unbeirrt hält der UNO-Sondergesandte für Libyen daran fest, nächste Woche eine Friedenskonferenz veranstalten zu wollen. Sie soll die Spaltung des nordafrikanischen Landes überwinden und über Wahlen zu einer neuen und stabilen Ordnung führen, zu einer legitimen Teilung der Macht. Doch der 75-jährige Kriegsherr Khalifa Haftar, selbst ernannter Feldmarschall und Kommandeur der Libyschen Nationalarmee, macht durch seinen Vormarsch auf die Hauptstadt Tripolis deutlich, dass er die ganze Macht für sich beansprucht.
Europa hat den Fehler gemacht, Libyen nach dem Sturz Ghadhafis sich selbst zu überlassen. Nach den umstrittenen Wahlen im Jahr 2014 verfiel das Land in Chaos und Anarchie. Europa sah zu, wie ein kriminelles Geflecht aus Politikern, Milizionären und Geschäftsleuten Libyen ausplündert, wie sich Menschenschmuggler bereichern, die Migranten auch noch versklaven, foltern und vergewaltigen. Haftar konnte mit seinen Truppen in den vergangenen fünf Jahren ungehindert den Osten des Landes und jüngst auch den Süden sowie wichtige Ölfelder unter seine Kontrolle bringen.
Druck auf Regionalmächte
Die international anerkannte Regierung hatte nie die Mittel, das Land zu regieren. Dabei ist Libyen eigentlich kein hoffnungsloser Fall: Das Land kann von seinen Öleinnahmen leben, es könnte den eigenen Wiederaufbau finanzieren. Es ist der Zugang zu diesen Ressourcen, um den es im neu aufflammenden Bürgerkrieg vor allem geht, auch wenn sich Haftar gern zum Kämpfer gegen den politischen Islam stilisiert und dafür massive Unterstützung von den Vereinigten Arabischen Emiraten und Ägypten erhält und von Russland wie auch von Frankreich protegiert wird.
Die Europäer sind zerstritten, obwohl sie angesichts der Migrantenströme über das Mittelmeer das grösste Interesse an Stabilität und einer legitimen Regierung in dem Land mit seinen etwa sechs Millionen Bürgern haben müssten. Frankreich und Italien arbeiten wegen wirtschaftlicher Interessen gegeneinander, der Rest des Kontinents schaut zu. Damit muss Schluss sein.
Gezielte UNO-Sanktionen wären ein Mittel, um Kriegsherren wie Haftar einen Preis für ihr Vorgehen aufzuerlegen. Aber Europa muss auch zu einer Stabilisierungsmission bereit sein, die den Aufbau staatlicher Institutionen fördert und notfalls auch die Entsendung von Polizisten oder Friedenstruppen umfassen könnte. Und Europa muss Druck machen auf die rivalisierenden Regionalmächte Ägypten, Saudiarabien und die Emirate auf der einen sowie Katar und die Türkei auf der anderen Seite, die in Libyen einen Stellvertreterkonflikt austragen. Die Erfolgsaussichten eines solchen Unterfangens sind zwar nicht riesig, aber Nichtstun wird die Probleme in Libyen nicht lösen. Das ist nun noch einmal drastisch durch Haftars Marsch auf Tripolis klar geworden.
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Es braucht Sanktionen und mehr
Die Lage in Libyen ist brandgefährlich. Europa muss sich nun endlich stärker engagieren.