Feuerwehr sucht dringend Nachwuchs
Bei der Personalsuche geht die Burgdorfer Feuerwehr mit einer Plakataktion in die Offensive. Noch genügt der Korpsbestand zwar den Anforderungen, doch soll er auch in fünf Jahren noch schlagkräftig sein.

Heute rekrutieren und morgen in den Kampf schicken, ist beim Militär und bei der Feuerwehr keine praxistaugliche Strategie. Das weiss auch Martin Rutschi, der Kommandant der Feuerwehr Burgdorf. Mit einem Bestand von 4 Frauen und 85 Männern gibt die Korpsgrösse zwar nicht zu Sorgen Anlass, sondern übertrifft die von der Gebäudeversicherung des Kantons Bern vorgegebene Mindestanforderung um 19 Personen. Die Hauptprobleme sind die Verfügbarkeit während des Tages und die Planung der Kaderfunktionen in der Zukunft.
Rutschi hat die Erfahrung gemacht, dass die Personalfluktuation zum Problem werden kann. Etwa dann, wenn sich Leute beruflich verändern oder wegziehen: «Im letzten Jahr sind zwei Offiziere aus der Mannschaft ausgetreten.» Personelle Abgänge, die nicht auf die Schnelle ausgeglichen werden können. Bis jemand eine Einsatzleitung, also eine Führungsfunktion übernehmen könne, dauere es ein paar Jahre. «Der Aufbau muss sukzessive erfolgen, damit wir den Bestand halten können», betont der Feuerwehrkommandant.
Progressive Kampagne
Der Schuh drückt Martin Rutschi nicht, wenn er auf den heutigen Bestand seiner Mannschaft blickt. Damit dies auch in den nächsten Jahren so bleibt, geht er jetzt mit der Plakataktion «We Want You!» in eine eigentliche Rekrutierungsoffensive. Denn festgestellt hat er, dass die jeweils im Amtsanzeiger platzierten Inserate gerade bei jungen potenziellen Feuerwehrleuten auf wenig Resonanz gestossen sind. Dies will der 55-Jährige nun mit einem ziemlich frech illustrierten Plakat im Weltformat korrigieren.
An etlichen Orten in der Stadt hängt die Werbung, auf welcher ein Feuerwehrmann mit dem Finger auf den Betrachter zeigt und diesen zum Mitmachen auffordert. Da der sogenannte QR-Code ebenfalls aufgedruckt ist, erhalten Interessierte mittels Smartphone Antworten auf spezifische Fragen, und sie können sich auch gleich zu einem Informationsabend anmelden.

«Wir wollen dich!» steht zu Deutsch auf den Plakaten. Und damit meint Martin Rutschi alle Frauen und Männer im Alter von 20 bis maximal 45 Jahren. Bis zu diesem Alter mache die Fachausbildung noch Sinn, damit die Feuerwehr noch ein paar Jahre von den Diensten eines Newcomers profitieren könne.
17 von 31 rückten aus
Das Alter ist das eine, der Arbeitsort das andere. «Ideal ist für uns, wenn jemand in Burgdorf oder in der Umgebung arbeitet. Aber auch wenn jemand erst nach 20 Minuten im Einsatzort sein kann, ist dies immer noch sehr gut», betont Martin Rutschi. Optimal sei, wenn an normalen Arbeitstagen, also nicht während der Ferienzeit, 40 Personen zum Einsatz aufgeboten werden könnten. Natürlich sei dies stets von der Grösse des Ereignisses abhängig. Nicht in jedem Fall seien 40 Leute nötig.
Zu Beginn dieser Woche, als ein automatischer Alarm ausgelöst wurde, rückten innerhalb weniger Minuten 17 Feuerwehrleute aus, 31 waren aufgeboten worden. Durchschnittlich könne von der Hälfte der Alarmierten vor Ort ausgegangen werden, weiss Rutschi aus Erfahrung. Zu löschen gab es dann allerdings nichts, da es sich um einen ungewollten Alarm, ausgelöst durch Bauarbeiten, gehandelt hatte.
Wer kann mitmachen?
Selbst wenn mit Blick auf die sofortige Einsatzbereitschaft in Burgdorf Arbeitende die Top-Wunschkandidaten sind, würde Rutschi keine Interessentin und keinen Interessenten unbesehen von der Ausbildung ausschliessen. Vorausgesetzt, es bestehen keine körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen. Zwar kämen Personen, die in Bern oder Zürich arbeiten, für einen raschen Einsatz nicht infrage, erklärt der Kommandant, doch viele seien abends und an den Wochenenden zu Hause und könnten folglich in dieser Zeit aufgeboten werden.
Mit den heutigen Alarmierungsmöglichkeiten sei sehr viel möglich. «Jede und jeder, der sich für unsere Arbeit interessiert, wird von mir informiert», sagt Rutschi. Idealerweise wäre dies am nächsten Informationsabend, am 30. August. Bis jetzt hätten sich drei Personen angemeldet: «Wenn zehn Personen teilnehmen und fünf davon in die Feuerwehr eintreten, bin ich zufrieden.»
Kein Dienst wider Willen
Bleibt die Frage: Warum rührt der Kommandant der grössten Milizfeuerwehr im Emmental so heftig die Werbetrommel? Gibt es nicht eine Dienstpflicht für alle 20- bis 52-Jährigen? Doch, antwortet Rutschi, theoretisch könnten Pflichtige vom Gemeinderat zum Dienst in der Feuerwehr gezwungen werden. Zwang mache jedoch wenig Sinn.
Statt die Ausbildung widerwillig zu machen und bei den Übungen oft abwesend zu sein, würden Nichtinteressierte besser die Ersatzabgabe entrichten. «Wir brauchen motivierte Leute, die bereit sind, sich für das Wohl und die Sicherheit der Bevölkerung einzusetzen», betont der Vater von drei erwachsenen Kindern.
Eine kleine Entschädigung
Übrigens: Wer Feuerwehrdienst leistet, muss dies nicht unentgeltlich tun. Bei einem Ernstfalleinsatz gibt es 40 Franken pro Stunde und bei einem ungewollten Alarm 30 Franken pauschal. Bei Übungen von bis zu drei Stunden erhalten die Frauen und Männer 50 Franken Sold, dauert es länger, sind es 100 Franken. Für Martin Rutschi ist klar: «Wer für die Allgemeinheit im Einsatz ist, soll ein Stück weit auch dafür entschädigt werden.»
Besonders betont haben will er, «dass es nicht selbstverständlich ist, dass die aktiven Feuerwehrleute bei einem Einsatz an ihrem Arbeitsplatz oder in der Familie fehlen, um anderen zu helfen». Gerade bei Unwettereinsätzen oder zum Beispiel Wasser im Keller seien Hilfesuchende selber verpflichtet, die Schäden zu minimieren oder zu bewältigen. «Sie können nicht einfach denken, ‹die Feuerwehr kommt ja und erledigt alles, ich muss mich um nichts kümmern und kann mich schlafen legen, weil ich morgen wieder arbeiten muss›.» Das müssten seine Leute auch, sagt der Kommandant, der diesen konkreten Fall erlebt hat.
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