SCB-Coach Söderholm nach schwachem Start«Ich muss die Spieler in Schutz nehmen»
Zwei Spiele, zwei Niederlagen: Es ist ein ernüchternder Start für den neuen SCB-Trainer Toni Söderholm. Der Finne stellt sich vor seine Mannschaft. Es habe die mentale Kraft gefehlt.

Er entschuldigt sich mehrmals. Das Gespräch, das eigentlich für 11 Uhr vereinbart wurde, verzögert sich. Toni Söderholm befindet sich mitten in einem Meeting, braucht noch zehn Minuten. Auch danach wird der Finne immer wieder gestört. «Sorry, es ist ziemlich was los im Moment», rechtfertigt sich der 44-Jährige mit einem Augenzwinkern und versichert, sich künftig mehr Zeit zu nehmen.
Seit letztem Mittwoch trägt der ehemalige deutsche Nationaltrainer die Verantwortung beim SCB, er kommt seither kaum zu mehr als fünf Stunden Schlaf. Erst am Montagnachmittag und nach einem Essen mit Sponsoren kann er seine Wohnung in der Hauptstadt beziehen. Doch noch immer befindet sich vieles in München. «Ich hole es bei nächster Gelegenheit», sagt Söderholm. «Es wird dauern, bis ich komplett eingerichtet und organisiert bin. Doch Hauptsache, ich habe meine Arbeitsutensilien dabei.»
Die braucht Söderholm. Schliesslich ist auch der SCB noch nicht wirklich organisiert. Der Start unter dem neuen Trainer verläuft bisher wenig verheissungsvoll. Zwei Spiele hat Bern bestritten und beide verloren. In 120 Minuten gelangen bloss zwei Tore, dafür hat der SCB acht Treffer zugelassen. Nach dem 1:3 gegen Gottéron war die Partie in Lugano am Sonntag (1:5) bereits nach Spielhälfte entschieden.
«Ich muss die Spieler in Schutz nehmen, sie verteidigen», sagt der neue Chef. «Wir möchten taktisch etwas anders spielen als es Johan Lundskog praktiziert hat. Es war eine anstrengende Woche. Ich gab viele Inputs. Vieles wurde auch gut umgesetzt. Trotzdem hat man bei einzelnen Entscheidungen gesehen, dass die Jungs nicht mehr frisch waren im Kopf, die mentale Kraft fehlte.» Auch deshalb habe Lugano über weite Strecken einen bissigeren Eindruck hinterlassen.
Söderholm selbst wirkte im Tessin alles andere als zufrieden, stand das gesamte Spiel über mit ernstem Blick an der Bande, wurde aber nie laut. Der ehemalige Verteidiger ist kein Showman. Einen Spieler öffentlich zusammenzustauchen, nur damit es ein paar Ewiggestrige vom Hocker lupft? Das ist nicht seine Art. Dass Söderholm kein Feuerkopf ist, war dem SCB bekannt. Man hat bewusst auf einen Philosophiewechsel verzichtet, wollte den eingeschlagenen Weg mit einem modernen Trainer fortsetzen.
Der Finne sagt: «Ich werde oft auf meine Art angesprochen. Ich bin ziemlich ruhig. Egal, ob es nun positiv oder negativ läuft. Ich überlege mir, wen ich aufs Eis schicken könnte und analysiere lieber, statt herumzurennen. Ich mochte das als Spieler auch nicht, wenn der Trainer die ganze Zeit über Anweisungen erteilte.»
«Wir müssen balancierter agieren»
Die Tür zur Trainergarderobe ist stets offen. Haben die Spieler Fragen, können sie sich jederzeit an Söderholm wenden. Doch der neue Übungsleiter ist nicht einfach bloss der Kumpel von nebenan. Das bewies er bereits während seiner Zeit beim Deutschen Eishockey-Bund, als er etwa die Defensivarbeit von NHL-Star Leon Draisaitl kritisierte.
Noch mag Söderholm in Bern nicht kritisieren. Er lobt den Charakter des Teams, die Energie. Doch er sagt, manchmal nehme der Wille Überhand an. «Es geht beispielsweise darum, wie wir mit dem Stock arbeiten. Stehen wir in der Passbahn, stellen wir sie dann wirklich zu oder rennen wir nur wild herum? Wir kreuzen zu viel, plötzlich stehen drei Spieler nebeneinander. Wir müssen balancierter agieren.»
In dieser Woche soll auch das Zweikampfverhalten verbessert werden. Zudem sollen Spieler, die sich im Scheibenbesitz befinden, Situationen besser erkennen können. Bis Freitag hat Söderholm Zeit. Dann kommt es zum Duell bei Leader Servette. Leichter wird die Aufgabe also nicht. Zumal mit Dominik Kahun und Topskorer Chris DiDomenico, der seine letzte Spielsperre absitzen wird, weiterhin die zwei besten Offensivkräfte fehlen werden. Doch der Finne streicht das Positive heraus. «Es ist eine gute Möglichkeit, die Breite zu entwickeln. Wir werden sie irgendwann brauchen.»
Dass nach einem Trainerwechsel nicht auf Knopfdruck alles besser wird, zeigte der HC Lugano. Vier der ersten fünf Partien gingen unter Luca Gianinazzi verloren. Nun aber glänzen die Tessiner mit umgekehrter Bilanz. Doch: Lugano ist dem SCB um eineinhalb Monate voraus.

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