«Ich wusste sofort, dass alles vorbei ist»
Er war auf dem Weg zum grössten Triumph seiner ohnehin einmaligen Karriere – doch dann stürzte Steinstösser Peter Michel beim Anlauf auf der Gummimatte. Damit war der Traum vom zweiten Unspunnen-Sieg ausgeträumt.
Wie gross ist am Tag danach die Enttäuschung über den gestrigen Final noch?Peter Michel:Enttäuscht bin ich eigentlich nicht, ich habe ja mein Ziel erreicht. Ziel war es, in den Final der drei Besten zu kommen, und das habe ich souverän geschafft.
Beginnen wir von vorn: Am Morgen gewannen Sie die Qualifikation mit 3,70 Metern und drückten Ihre Freude mit einem Urschrei aus – dachten Sie dabei schon an einen möglichen Sieg?Ich trainiere nicht ein halbes Jahr intensiv, um zu verlieren. Wenn ich an einem Wettkampf antrete, will ich gewinnen.
«Beim Sturz hatte ich keine Chance, fiel auf den Körper, es nahm mir den Atem, eine Rippe war angerissen.»
Zu diesem Zeitpunkt stimmte also alles, und Sie hofften auf einen tollen Abschied von der grossen Steinstossbühne?Ja, ich hatte bis dahin einen tipptoppen Tag.
Zudem schienen die Gegner noch nicht allzu stark – der Zweitplatzierte hatte zehn Zentimeter Rückstand . . .. . . ich wusste, dass ich sogar zu 3,80 Metern fähig wäre . . .
. . . und Sie hatten im letzten Training ebenfalls schon 3,70 Meter erreicht . . .. . . es war sogar noch etwas mehr.

Was machten Sie in der Mittagspause?Ich hatte Mittagessen an einem Bankett, dann ging ich nach Hause, neue T-Shirts holen, wusch mir den Kopf, lag eine halbe Stunde auf dem Sofa und ging zurück in die Arena, um dem Schwingen zuzuschauen.
Wie stark spürten Sie die hohen Erwartungen des einheimischen Publikums?Viele haben mir zum Einzug in den Final gratuliert. Aber unter Druck fühlte ich mich nie, denn ich wusste: Ich muss nicht, ich darf, da ich in meiner Karriere bereits alles erreicht habe.
Dann kam der fatale erste Versuch im Final, bei dem Sie stürzten. War Ihnen, als Sie regungslos am Boden lagen, bereits bewusst, dass damit alles verloren war?Ja, ich wusste sofort, dass alles vorbei ist. Beim Sturz hatte ich keine Chance, fiel auf den Körper, es nahm mir den Atem, eine Rippe war angerissen. Ich war mir also bewusst, dass ich nichts mehr schaffe – die Luft war buchstäblich draussen, und zuerst musste ich wieder regenerieren.
«Mit dem Unspunnenstein höre ich auf, man wird ja nicht jünger.»
«Wenns im Kopf nicht stimmt, geht nichts», sagten Sie einmal – das war dann der Fall?Ja, das war der Fall, also nicht nur körperlich.
Dachten Sie sogar ans Aufgeben?Ich wusste, dass ich nicht mehr gewinnen konnte. Den zweiten Stoss machte ich nur noch fürs Publikum.
Als Zuschauer staunte man, wie schludrig die dürftige Gummimatte auf die unebene Wiese gelegt worden war – ein Fehler der Organisatoren?Dazu sage ich nichts.
Aber die Qualifikation am Morgen fand auf einer soliden Holzkonstruktion mit einem Tartanbelag statt – warum nicht auch beim Final in der Arena?Nochmals: Dazu gebe ich keine Antwort.
Wie hat Ihr persönliches Umfeld auf das Drama reagiert?Ich habe sehr viele aufmunternde und positive Reaktionen erhalten. Vielen tat ich leid, und sie hätten mir einen schöneren Abgang gewünscht.
Trotzdem können Sie auf eine einmalige Sportkarriere zurückblicken. Sind Sie mit dem Steinstossen steinreich geworden?Ich war heute um 6 Uhr schon wieder an der Arbeit . . . Übrigens nehme ich am Samstag noch an der Schweizer Meisterschaft teil, da habe ich noch etwas vor. Aber mit dem Unspunnenstein höre ich auf, man wird ja nicht jünger.
Und was machen Sie nun mit Ihrem persönlichen Trainingsstein?(schmunzelt) Den brauchen wir schon noch. Es gibt da ein paar Junge, mit denen mache ich einen Lehrgang. Die Sportart wird also nicht aussterben.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch