In der Wut liegt die Kraft
Heute Samstag empfangen die Young Boys im Derby den FC Thun (17.45 Uhr). Nach der Blamage gegen Winterthur sagt YB-Trainer Adi Hütter: «Wir liegen am Boden und müssen wieder aufstehen.»

Mal angenommen, Basel hätte den Cup-Viertelfinal gegen Winterthur so verloren, wie es YB getan hat, die Rede wäre von unfassbarem Pech und davon, dass man so ein einseitiges Spiel nur einmal in 1000 Fällen nicht gewinnt. YB ist nicht Basel, abgesehen davon, dass der FCB zu Hause kaum gegen den Neunten der Challenge League verlieren würde.YB ist YB ist Cup-Blamagen-Spezialist. U
nd deshalb hat der Verein nach dem Scheitern am Mittwoch wieder flotte Debatten im Haus, in denen es im Kern darum geht, warum sich die Young Boys oft selber im Weg stehen. Die nach rationalen Massstäben nicht begründbare Niederlage erschüttert das Stade de Suisse beinahe in seinen Grundfesten, viel Goodwill ging verloren.
Die Schwächen in der Abwehr
Trainer Adi Hütter versucht gar nicht erst, die Situation schönzureden. Er erscheint am Freitagmittag zum wöchentlichen Pressegespräch, und er absolviert den Termin selbst bei heiklen Fragen souverän und geduldig. Aber er ist angefressen, enttäuscht, deprimiert, seine Worte korrespondieren mit Gemütslage und Körpersprache.
«Wir haben es verbockt und liegen am Boden.»
Er sei wütend, weil die Young Boys den Sieg hergeschenkt hätten. «Wir haben es verbockt und liegen am Boden», sagt er einmal. «Wir wissen um die Tragweite dieses Ausscheidens.» Später erklärt er erneut, das sei eine der «bittersten Niederlagen» in seiner Karriere gewesen. Und irgendwann meint er: «So ist der Sport. So ist Fussball.»
Plausibel erklären kann auch Adi Hütter nicht, wie es seiner Mannschaft gelungen ist, trotz klarer Dominanz, idealem Spielverlauf, 2:0-Führung und Chancen im Überfluss einen Weg ins Unglück zu finden. Er nennt Zahlen, die 27, 28 Schüsse und die 14 Eckbälle und die 12 Freistösse, er erwähnt die Topmöglichkeiten, den Pfostenschuss, den Lattenschuss und die Elfmeter, die YB nicht erhalten habe.
Doch er weist darauf hin, das seien keine Ausreden, er wolle nicht von Pech reden. «Wir haben verloren, weil wir im Abschluss schlecht waren und defensiv nicht gut genug.»
Insbesondere die Mängel in der Abwehr und die fehlende Souveränität seien seit Wochen ein Problem. «Wir führten in allen fünf Spielen nach der Winterpause 1:0, gewannen aber nur zweimal.» Zuletzt erhielt YB 10 Gegentore in vier Partien, das ist ein miserabler Wert, zu einfach und mehrmals nur mit einem langen Ball liess sich die Abwehr aushebeln.
«Wir begehen zu viele Fehler», sagt der Trainer, «aber nun müssen wir aufstehen.» Zwei Stunden habe er mit Spielern und Staff gesprochen und die Lage analysiert. «Wir wissen, was wir angerichtet haben. Und wir wissen, dass wir das nicht mehr gutmachen können. Es tut mir vor allem für die Fans leid, die uns gegen Winterthur so toll und die gesamte Zeit unterstützt haben.»
Zäher Frühling
Gegen Thun muss YB auf Torjäger Guillaume Hoarau verzichten, der wie Denis Zakaria gesperrt ist. «Es geht weiter, wir wollen Rang 2 verteidigen», sagt Hütter. Er steht nach genau eineinhalb Jahren erstmals in Bern stärker im Gegenwind, auf dem Boulevard wird er bereits angezählt.
Auf die Frage, ob man sich als Trainer daran gewöhne, nach einer so unglücklich verlorenen Partie in der Kritik zu stehen, antwortet der Österreicher, so sei nun mal das Geschäft. «Ein Ziel wurde verpasst, dafür trage auch ich die Verantwortung.» Aber es sei nicht abzustreiten, dass die regelmässigen Cup-Blamagen eine mentale Belastung für die Spieler seien.
Das neueste und hoffnungsvolle YB-Projekt hat auch sein Cup-Waterloo erlitten – und Hütters steil verlaufene Trainerlaufbahn einen Knick. Er galt und gilt in der Bundesliga wie in Basel als Kandidat, doch vorerst muss er sein niedergeschlagenes Team auf Kurs bringen. 14 Partien sind in der Liga zu absolvieren, es droht ein zäher Frühling als zweitbeste Mannschaft im langen Schatten Basels.
Wie schön wäre es für YB gewesen, sich wochenlang auf den Cup-Halbfinal zu Hause gegen Basel zu freuen. Der Meister reist nun im April nach Winterthur.
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