Iranischer Film gewinnt Goldenen Bären
Regisseur Asghar Farhadi erhält an der Berlinale eine Auszeichnung für sein Familiendrama «Nader und Simin, Eine Trennung». Die Preisverleihung dürfte einen politischen Hintergrund haben.

Der iranische Film «Nader und Simin, eine Trennung» ist der grosse Gewinner der 61. Berlinale. Das Drama von Regisseur Asghar Farhadi wurde am Samstagabend bei der Preisgala unter Bravorufen mit dem Goldenen Bären als bester Film ausgezeichnet. Zudem erhielten das weibliche und das männliche Schauspielerensemble jeweils einen Silbernen Bären für die beste Darstellerleistung. Der deutsche Regisseur Ulrich Köhler wurde für seinen Film «Schlafkrankheit» über einen Entwicklungshelfer in Afrika mit dem Silbernen Bären für die Beste Regie geehrt.
Das RAF-Drama «Wer wenn nicht wir», das Spielfilmdebüt von Dokumentarfilmer Andres Veiel, erhielt bei der Gala im Berlinale Palast vor rund 1.600 Gästen den Alfred-Bauer-Preis. Die Auszeichnung geht an einen Spielfilm, der neue Perspektiven der Filmkunst eröffnet. Der ungarische Regisseur Bela Tarr bekam für sein Endzeitdrama «Das Turiner Pferd», das als Mitfavorit gehandelt wurde, den Grossen Preis der Jury und damit ebenfalls einen Silbernen Bären.
Iranischer Film galt als Favorit
Insgesamt 16 Filme waren im Rennen um den Goldenen und die Silbernen Bären, darunter erstmals ein 3D-Film. «Nader und Simin, eine Trennung» bekam von den Kritikern sehr gute Bewertungen und galt als Favorit. Die Entscheidung der Internationalen Jury um Präsidentin Isabella Rossellini, einen iranischen Film auszuzeichnen, könnte auch als politisches Zeichen gedeutet werden.
Das iranische Filmschaffen stand in diesem Jahr im Fokus der Internationalen Filmfestspiele Berlin, von denen immer wieder politische Botschaften ausgehen. Die Berlinale hatte den iranischen Filmemacher Jafar Panahi, der 2006 mit dem Film «Offside» einen Silbernen Bären gewonnen hatte, als Juror eingeladen. Kurz darauf war er zu sechs Jahren Haft und 20 Jahren Berufsverbot verurteilt worden.
Farhadis spannendes Werk «Nader und Simin, eine Trennung» - in dem auch Farhadis Tochter Sarina eine Hauptrolle spielt - schildert eindrucksvoll das Schicksal eines Ehepaars, das mit seiner Tochter das Land verlassen will. Der Mann sagt dann jedoch die Reise ab, weil er seinen an Alzheimer erkrankten Vater nicht verlassen will. Die Frau reicht daraufhin die Scheidung ein, sie zieht aus der gemeinsamen Wohnung aus. In Deutschland hat der Film noch keinen Starttermin. Farhadi war bereits vor zwei Jahren für «Alles über Elly» mit einem Silbernen Bären ausgezeichnet worden.
Preisträger Farhadi erinnert an verurteilten Kollegen Panahi
Farhadi sagte bei der Gala, dies sei eine gute Gelegenheit, an die Menschen in seinem Land zu denken. Zugleich erinnerte er an seinen Regiekollegen Panahi. Er wünsche sich, dass dieser nächstes Jahr hier stehen werde, sagte Farhadi auf der Bühne des Berlinale Palastes.
Bei der Berlinale war als Zeichen der Solidarität in mehreren Sektionen jeweils ein Film von Panahi präsentiert worden, zahlreiche prominente Filmschaffende bekundeten ihre Unterstützung. Zudem wurde während des Festivals ein Juryplatz für ihn freigehalten.
Bei der Eröffnung der Berlinale am 10. Februar hatte Jury-Präsidentin Rossellini eine bewegende Botschaft Panahis verlesen. Am Samstagabend trug Berlinale-Direktor Dieter Kosslick unter dem Applaus des Publikums einen leeren Stuhl mit dem Namen Panahis auf die Bühne. Kosslick bekräftigte, es sei schade, dass der Filmemacher nicht da sein könne. Laut Kosslick hat der Regisseur von den Solidaritätsbekundungen auf der Berlinale erfahren. Panahi habe gesagt, er sei am Anfang sehr einsam gewesen, erzählte der Festivalchef. Aber seit er die Unterstützung mitbekommen habe, wisse er, dass kein Künstler der Welt einsam sei, wenn er zu dieser Familie gehöre.
Farhadi sagte bei der anschliessenden Pressekonferenz: «Ich bin kein Held, ich bin ein Filmemacher.» Er betonte: «Wenn ich das, was ich sagen will, durch den Film sage, dann hat es mehr Einfluss. Wenn Reden besser wäre, hätte ich keinen Film gemacht.» Die Auszeichnung der Berlinale sei ein sehr wichtiger Preis für ihn, «denn das bedeutet für mich, dass den Film viel mehr Zuschauer sehen werden und für Filmemacher gibt es nichts Wichtigeres.»
Köhler sagte, er freue sich wahnsinnig, einen Preis gewonnen zu haben. «Ich glaube nicht, dass ich mit meinen Filmen die Welt erklären kann, ich kann aber Fragen stellen», betonte der Regisseur.
Regisseur Tarr will künftig als Produzent arbeiten
Autorenfilmer Tarr bekräftigte, dass «Das Turiner Pferd» auf jeden Fall sein letztes Regiewerk sei. Mit diesem Werk sei sein Filmschaffen vollständig. Künftig wolle er lieber als Produzent arbeiten und junge Talente unterstützen.
Bei der Berlinale standen in diesem Jahr 385 Filme auf dem Programm. Die Filmfestspiele, die als weltweit grösstes Publikumsfestival gelten, gingen am Sonntag mit einem Kinotag für das Publikum zu Ende. Nach Angaben der Berlinale wurden wie im Vorjahr rund 300.000 Eintrittskarten verkauft.
SDA/mrs/miw
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