Keine Lust auf Körperscanner
Die strengen Sicherheitskontrollen mit Körperscannern an US-Flughäfen kommen zunehmend in der Kritik. Nun bahnt sich eine Boykott-Aktion an. Die Behörden stehen unter Druck.

Als US-Aussenministerin reist Hillary Clinton komfortabel mit der Flugbereitschaft der Regierung. Lästige Kontrollen bleiben der obersten Diplomatin der USA erspart. Ihr letzter Linienflug dürfte schon etwas länger zurückliegen. Angesichts der immer strengeren Sicherheitsvorkehrungen an US-Flughäfen weiss es Clinton durchaus zu schätzen, weder vom Körperscanner durchleuchtet noch von Kontrolleuren abgetastet zu werden. Sie wolle solch eine Untersuchung nicht über sich ergehen lassen, sagte sie am Sonntag in einem Fernsehinterview: «Nicht, wenn ich es vermeiden könnte. Nein. Ich meine, wer will das schon?»
Kurz vor einem der verkehrsreichsten Tage im Jahr wächst der Widerstand vieler Amerikaner gegen die als übertrieben empfundenen Sicherheitskontrollen vor Flugreisen. Schon läuft im Internet eine Körperscan-Boykott-Kampagne für den Mittwoch, den Tag vor Thanksgiving. Für dieses Familienfest fliegen viele Amerikaner zu ihren Verwandten.
Sorge um einen Boykott
Der Chef der US-Verkehrssicherheitsbehörde (TSA), John Pistole, forderte die Flugpassagiere auf, sich nicht an dem Boykott zu beteiligen. Wenn viele Passagiere den Körperscan verweigerten und auf das wesentlich zeitintensivere Abtasten bestünden, könnte es zu massiven Verspätungen kommen. Ein Boykott hindere die Menschen lediglich daran, «nach Hause zu fahren und ihre Lieben zu sehen», sagte Pistole.
Der TSA-Chef erinnerte an Weihnachten vergangenen Jahres, als ein islamischer Extremist aus Nigeria mit einem in der Unterwäsche geschmuggelten Sprengsatz eine Maschine auf dem Weg nach Detroit in die Luft sprengen wollte. Der Anschlag wurde vereitelt. «Wir wünschen uns alle, in einer Welt zu leben, in der Sicherheitskontrollen an Flughäfen nicht nötig wären», sagte Pistole. «Aber das ist einfach nicht der Fall.»
Die Sicherheitsbehörde in der Kritik
Seit der Gründung der TSA nach den Anschlägen am 11. September 2001 sind die Kontrollmethoden der US-Verkehrssicherheitsbehörde umstritten. 2004 wurde dem bekannte Senator Ted Kennedy fünfmal der Zugang zu einem Flugzeug verweigert, weil ein ähnlicher Name auf der Liste verdächtiger Passagiere stand. Zwei Jahre später beschwerte sich eine Frau aus dem US-Staat Maine über einen TSA-Kontrolleur, der sie gezwungen hatte, Kühlelemente aus ihrer Tasche mit abgefüllter Muttermilch zu entfernen.
Das Überprüfungssystem der TSA orientiere sich nicht an den Fluggästen, sondern an potenziellen Terroristen, sagt Professor Paul Light von der Universität New York. Das sei ein Konflikt, der nicht einfach zu lösen sei. «Nach dem 11. September hatten die Leute Angst und ängstliche Menschen tun alles, um sich sicherer zu fühlen», sagt der Sicherheitsexperte Bruce Schneier. Aber die neuen Kontrolltechniken griffen sehr tief in die Privatsphäre ein.
Demütigende Kontrollen an US-Flughäfen
Kürzlich wurde ein 61-Jähriger am Detroiter Flughafen von einem Kontrolleur so grob abgetastet, dass sein Katheter riss und sich das in einem Beutel aufgefangene Urin über seine Kleidung ergoss. «Es war so demütigend», sagte er. Zu einiger Berühmtheit hat es mittlerweile John Tyner gebracht. Von dem Passagier aus San Diego kursiert ein Video im Internet, in dem er einem Sicherheitsbeamten droht: «Wenn sie mich angrapschen, lasse ich sie verhaften.»
Nach Einschätzung von Geoff Freeman, Vizepräsident des US-Verbands der Reiseunternehmen, ist der Wutausbruch lediglich das Symptom eines grösseren Problems. In der vergangenen Woche habe sein Verband fast 1000 Anrufe und E-Mails erhalten, in denen sich Passagiere über die strengen Sicherheitskontrollen beschwerten. «Wir stehen am Scheideweg», sagte Freeman. «Es muss einfach einen besseren Weg geben».
dapd/jak
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