Abschied im Zorn
Max Frisch war einer von 150'000 Schweizern, die von der Bundespolizei über Jahrzehnte fichiert wurden. Nun erscheint aus dem Nachlass seine Abrechnung mit dem «verluderten» Staat.
Ein Schlussstrich? Max Frisch ist 79 und schwer krank, als er 1990 sein letztes Typoskript beendet. Vermeintlich. Zwei Linien queren das Blatt, beide sind an einer Stelle unterbrochen. Als ob die Schreibmaschine defekt wäre. Oder als ob dem Autor die Kraft beim Anschlag fehlen würde. Frisch weiss, dass er nicht mehr lange lebt. Darmkrebs. Bald wird er nur noch im Bett liegen, vergraben in der «Matratzengruft» wie einst der grosse Heinrich Heine.
Doch ironischen Esprit – Heines Markenzeichen – bringt er selber nicht mehr auf. Die Tonalität ist eine andere. Zorn. Bitterkeit. Enttäuschung über einen Staat, der ihn ihm nicht den konstruktiven Kritiker sah, den er selber sein wollte. Sondern: Einen potenziellen Staatsfeind und Landesverräter.