MarkenausblickMazda bleibt eigenwillig – so gut es geht
Der kleine Hersteller aus Hiroshima macht bei der Elektrifizierung bislang nur zähneknirschend mit. Doch auch Mazda muss sich dem politischen Druck beugen.
Mazda geht seit Jahren seinen eigenen Weg. Während alle anderen Mitbewerber den Wankelmotor längst ad acta gelegt hatten, hielt Japans fünftgrösster Autohersteller stoisch am Prinzip des Rotationskolbens fest. Als die meisten anderen Autobauer zur Verringerung der Schadstoffemissionen auf Downsizing, also auf die Verkleinerung der Motoren dank Turboaufladung setzten, versuchte Mazda dem Problem mit mehr Hubraum und höherer Verdichtung Herr zu werden. Und anstatt wie die Konkurrenz die Modelle mit Mild- oder Vollhybridantrieben zu elektrifizieren, brachte der kleine Hersteller aus Hiroshima den sogenannten Diesotto-Motor auf den Markt, der die Vorteile von Diesel- und Benzinmotor in sich vereinen soll.
Bei Mazda ging es bisher um andere Werte. Um die innige Verbindung zwischen Fahrer und Auto etwa, zusammengefasst unter dem Mantra «Jinba Ittai» – der japanische Ausdruck umschreibt die Verschmelzung von Ross und Reiter. Auch das Design, das seit zwölf Jahren unter dem Begriff «Kodo» (Japanisch für Herzschlag) sehr harmonisch gestaltete, attraktive Modelle hervorbringt, steht bei der Marke im Vordergrund. Doch auch Mazda muss sich nun dem politischen, gesellschaftlichen und letztlich auch finanziellen Druck beugen, der die Autohersteller zur Transformation in die Elektromobilität zwingt. Im Herbst 2020 wurde mit dem MX-30 vergleichsweise spät ein rein elektrisch angetriebenes Modell lanciert, jedoch mehr zähneknirschend als begeistert. «Dabei geht es vor allem um die strengen CO2-Vorschriften», räumte damals Christian Schultze, der Mazdas Forschungs- und Entwicklungszentrums in Europa leitet, unumwunden ein.
Schützenhilfe von Toyota
Doch auch bei der E-Mobilität schlägt Mazda einen eigenen Weg ein. Der MX-30 hat nicht nur ein extravagantes Türkonzept, sondern setzt auf eine sehr kleine Batterie und entsprechend wenig Reichweite – weil eine kleine Batterie umweltfreundlicher sei. «Elektroautos mit einer grossen Batterie erzeugen schon bei der Herstellung eine hohe Umweltbelastung, das Gleiche trifft dann beim Recycling respektive der Entsorgung des Fahrzeugs wieder zu», erklärt Schultze. «Was bringt es, wenn wir lokal emissionsfrei fahren, wenn die Umwelt dadurch dennoch stärker belastet wird?» Um das Reichweitenproblem des MX-30 zu beheben, wird dieses Jahr die Variante R-EV nachgeschoben, mit noch kleinerer Batterie, dafür mit einem kleinen Verbrennungsmotor unter der Fronthaube, der als Reichweitenverlängerer Strom für den E-Antrieb generiert. Der Verbrenner ist ein Wankelmotor – wen wunderts.

Beim Thema Hybridantrieb hat Mazda bisher noch nichts vorzuweisen. Doch das ändert sich nun, dank Schützenhilfe vom grössten Autohersteller der Welt. Dem aktuellen Mazda2, der eine leichte Modellauffrischung erhält, wird nun ein zweiter, komplett anderer Mazda2 mit Vollhybridantrieb zur Seite gestellt. Mit Mazda hat dieses Modell hingegen kaum etwas zu tun, weder technisch noch gestalterisch – es ist ein Toyota Yaris Hybrid mit einem Mazda-Logo auf der Haube. Dieses «neue» Modell wird nur ins Programm aufgenommen, um die CO2-Emissionen des Herstellers zu senken. Dieser Schritt wirkt etwas hilflos, und stolz darauf ist man bei den Japanern sichtlich nicht. Doch um die Elektrifizierung kommt Mazda in Europa nicht herum. «Bis 2030 werden alle Modelle in irgendeiner Form elektrifiziert», bestätigt Mazda-Schweiz-Chef Matthias Walker. Bereits bis 2025 sollen fünf Plug-in-Hybride, fünf Vollhybride und drei reine Elektromodelle ins Programm aufgenommen werden.
Ein eigener Plug-in folgt
In der Zwischenzeit muss Mazda weiterhin auf die bekannten Verbrennungsmotoren setzen, wie sich an der Modellpflege des global meistverkauften Modells CX-5 zeigt, das in Europa für 19 Prozent der Verkäufe verantwortlich ist. Der kompakte SUV erhält innen und aussen eine Verjüngungskur, die Geräuschdämmung wurde verbessert, für die Allradvarianten gibt es nun einen Offroad-Fahrmodus und im Cockpit eine kabellose Ladestation für das Handy. Ausserdem wurden gleich drei neue Ausstattungslinien hinzugefügt. Doch unter der Haube bleibt alles beim Alten respektive bei einer Auswahl von herkömmlichen Benzin- und Dieselmotoren mit vier Zylindern und einem Leistungsspektrum von 150 bis 194 PS.
Ob das Erfolgsmodell wenigstens in der nächsten Modellgeneration einen Plug-in-Hybrid- oder Elektroantrieb erhält? Darüber schweigen sich die Japaner aus und verweisen lieber auf die neue Baureihe CX-60, die im Spätsommer auf die Strasse rollen soll. Der grosse SUV wird zunächst als Plug-in mit einer rein elektrischen Reichweite von 60 Kilometern lanciert, später folgen zwei komplett neue Reihensechszylindermotoren, ein Diesel und ein Benziner – Letzterer arbeitet natürlich nach dem Diesotto-Prinzip. Das Modell basiert auf einer völlig neuen Plattform mit heute geradezu exotischem Heckantrieb, das selbst entwickelte Automatikgetriebe verfügt nicht über einen klassischen Drehmomentwandler, sondern über hydraulische Kupplungen. Auch wenn sich Mazda also immer mehr den herrschenden Bedingungen beugen muss: Der Drang zum eigenständigen Weg hat der kleine Hersteller aus Hiroshima nicht verloren.
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