Am Mittwoch schliesst das Kino Splendid endgültig
Kommenden Mittwoch schliesst das traditionsreiche Berner Kino Splendid endgültig: Nachdem im ursprünglichen Kino bereits 1988 die Lichter ausgingen, gehen nun auch die beiden neueren Säle im Untergeschoss zu.

Dienstag, 1.September 1925. Ein «prachtvolles Eröffnungsprogramm» verspricht die Affiche zum Start des siebten Stadtberner Lichtspieltheaters, dem «Cinema Splendid-Palace». Gezeigt wird «Mein Heimatland die Schweiz!» – gemäss Inserat «für den Kenner des Schweizerlandes und seiner Geschichte ein wahrer Hochgenuss».
Mittwoch, 31.März 2010. Um 20.45 Uhr läuft im Splendid 1 Doris Dörries «Die Friseuse», im Splendid 2 ist um 20.30 Uhr «Crazy Heart» mit Oscargewinner Jeff Bridges programmiert. Danach ist im Splendid Feierabend – für immer. Wegen sinkender Zuschauerzahlen schliesst die Kinokette Quinnie die beiden renovationsbedürftigen Säle. Zwei Monate später wird sie dasselbe aus dem selben Grund mit dem Cinema Star tun.
«Pippi» im Splendid
Mit dem Lichterlöschen im Splendid geht ein Stück Berner Kinogeschichte endgültig zu Ende. Doch eigentlich hat das glorreiche Splendid bereits am 11.August 1988 ausgehaucht. Zum letzten Mal flackerte an diesem Donnerstag der Projektor im altehrwürdigen Saal im Erdgeschoss. Nachmittags waren «Pippi Langstrumpf's neueste Streiche» zu sehen, abends – im «Sommerwunschprogramm» – Terry Gilliams Kultfilm «Brazil» mit Robert de Niro.
Nach einem langen Rechtsstreit um den kompletten Umbau der Liegenschaft in der Von-Werdt-Passage wurde fast zehn Jahre später, am 14.März 1997, im Untergeschoss das neue Splendid mit zwei Sälen eröffnet. Wenn nächsten Mittwoch die Geschichte dieser beiden Säle besiegelt ist, werden sie, trotz leuchtenden Sternenhimmels, bald in Vergessenheit geraten. Ganz anders das «alte» Splendid: Noch heute sind unzählige Kindheits- und Jugenderinnerungen an das vor 22 Jahren geschlossene Kino geknüpft. Und zwar nicht deshalb, weil der 500-plätzige Saal einer der raren Art-déco-Bauten Berns war. Vielmehr galt das Lichtspieltheater lange Jahre als Mekka für Trickfilmfans: Vom «Dschungelbuch» bis zu «Bernard und Bianca» waren es vorab die Disney-Streifen, welche die Familien in Scharen anlockten. Für die adoleszente Klientel wiederum attraktiv waren die legendären Zweierlogen auf dem Balkon, in welchen man sich in geschütztem Rahmen dem andern Geschlecht annähern konnte.
Züri West im Splendid
Obwohl der Saal nach dem langem Rechtsstreit erhalten blieb – die Logen gibt es längst nicht mehr. Und mit dem Ende der Untergrund-Kinos verliert das Splendid-Haus auch einen grossen Teil seines Flairs als Kulturhaus. Und das ist nicht ohne bittere Ironie. Denn dafür haben die Stadtbehörden in den Achtzigerjahren vor Verwaltungs- und Bundesgericht gekämpft. Gekämpft haben sie – auch das Ironie – gegen die Erben des Splendid-Erbauers Georges Hipleh-Walt, einem Schweizer Kinopionier , der um das Jahr 1900 mit Zelt, Projektor und Leinwand das ganze Land bereiste.
Hipleh-Walts Erben wollten das Splendid radikal in ein Geschäftshaus umbauen. Die Behörden rangen den Eigentümern einen Kompromiss ab: Der Saal, das Foyer und die Fassade zur Passage hin blieben erhalten; mit der neuen Nutzung durch die Buchhandlung Stauffacher, das Musikhaus Jecklin und das Kino behielt das Splendid seinen kulturellen Touch. Damit erlitten allerdings die Pläne der Stadt Schiffbruch, aus dem Splendid ein Rock- und Jazzlokal zu machen. Immerhin nahmen ja Züri West 1985 ihre erste Platte «Splendid» in demselben Saal auf, in dem während des Zweiten Weltkriegs die militärische Zensurbehörde 17'855 Filme visionierte.
Wie es nach dem nächsten Donnerstag im Splendid weitergeht, ist momentan offen. Laut der zuständigen Immobilienfirma ist noch kein neuer Mietvertrag für die Räumlichkeiten im Untergeschoss abgeschlossen. Immerhin: Im Saal verkauft Jecklin weiterhin CDs und DVDs – zumindest bis Ende Jahr. Dann läuft der Mietvertrag aus.
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