Chansons für einen Sommerabend
Charlotte Gainsbourg gab sich in Montreux die Ehre. Auch wenn ihr Konzert cool wirkte, wurde einem am Schluss warm ums Herz.
Noblesse oblige: Charlotte Gainsbourg ist zwar die Tochter des grossen Serge und seiner Gattin Jane Birkin, doch sie hat sich längst einen eigenen Namen gemacht. Für ihre Rolle im Film «Antichrist» wurde sie in Cannes ausgezeichnet, auf ihren CDs arbeitet sie mit den Grossen des Indie-Pop zusammen: Beck hat ihre viel gelobte letzte CD «IRM» produziert, früher arbeitete sie mit dem Duo Air und dem Texter Jarvis Cocker zusammen. Auch in Bern hat sie Spuren hinterlassen und fungierte als heimliche Muse für das letzte Züri-West-Album «Haubi Songs». Wie die Mutter In Montreux war Charlotte Gainsbourg ein warmer Empfang sicher. Schliesslich ist die Grande Nation in Sichtweite, in einigen Minuten ist man mit dem Dampfer in Frankreich, wo Charlotte längst Kultstatus geniesst. Auf der Bühne erinnert sie frappant an ihre Mutter. Ihr Auftritt hat wie derjenige von Jane Birkin etwas Schüchternes und doch Anmutiges. Sie ist keine grosse Sängerin und schafft es mit ihrer zurückhaltenden Art doch, Atmosphäre zu schaffen. Auch ihr englisches Timbre hat Gainsbourg von der Mutter geerbt. Und wäre da nicht ihr französischer Mädchenlook, der von fern an Carla Bruni oder Françoise Hardy erinnert, man könnte sich Gainsbourg auch als britische Singer-Songwriterin vorstellen. Das Publikum hält sie auf Distanz, ohne dabei arrogant zu wirken. Und doch hätte man sich auf die Dauer etwas weniger Coolness gewünscht. Die Songs von «IRM», die auf CD in immer neuen Facetten schimmern, wirken auf der Bühne in ihren Perkussions- und Elektronika-Arrangements etwas gleichförmig, auch wenn Gainsbourgs Band songdienlich agiert und sich nie in den Vordergrund drängt. und der Vater Am überzeugendsten sind die einfachen, schlicht instrumentierten Lieder, die oft an den französischen Chanson-Pop der Sixties erinnern und wo Gainsbourgs weiche, rauchige Stimme erst richtig hörbar wird. Überraschend die Version von Bob Dylans «Just Like a Woman», leichtfüssig und doch vielsagend – und für einmal aus der femininen Warte gesungen. Wem ihr Herz gehört, lässt Gainsbourg nicht offen: Mehrere Lieder ihres 1991 verstorbenen Vaters Serge, den Charlotte als «le plus grand, le plus beau» apostrophiert, finden sich im Repertoire. Als in der Zugabe «Couleur Café», die eingängige Calypsonummer des Vaters, erklingt, wird plötzlich alles leicht. Charlotte und ihre Musiker strahlen beschwingt. Ein schöner Ausklang für einen warmen Sommerabend. Samuel Mumenthaler >
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