«Nicht böse, sondern krank»
In einem Busch beim Bahnhof Burgdorf erblickte eine Passantin einen masturbierenden Mann. Als die Polizei eintraf, war er verschwunden. Nun sass der Schweizer vor Gericht.

Scherereien mit der Justiz gehören für den 46-jährigen Angeklagten fast schon zum Alltag: 1998 verurteilte ihn ein Gericht wegen mehrfacher Brandstiftung. Drei Jahre später folgte die erste Anzeige wegen Exhibitionismus. Das gleiche Delikt führte später zu weiteren Verurteilungen.
1700 Franken Busse und Strafe
Am Donnerstag sass er erneut vor Gericht. Wegen «Überschreitens von Gleisen», «unanständigen Benehmens» und «Hinderung einer Amtshandlung» hatte ihm die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe von 1100 Franken und eine Busse von 600 Franken auferlegt. Laut der Anklagebehörde hatte er in einem Gebüsch bei der Burgdorfer SBB-Unterführung masturbiert. Eine Passantin rief die Polizei. Der Mann flüchtete und versteckte sich auf der anderen Seite des Bahnhofs. Dort wurde er schliesslich verhaftet.
Gegenüber Richter Manuel Blaser vom Regionalgericht Emmental-Oberaargau verweigerte der Beschuldigte jegliche Aussagen zur Sache. Offener reagierte er auf Fragen zu seiner persönlichen Situation. Finanziell gehe es ihm seit seiner Freistellung vom Arbeitsplatz schlecht. Er lebe bei seinen Eltern und suche einen neuen Job. Gegen seinen Sexualtrieb kämpfe er seit Jahrzehnten mit Therapien und Tabletten an. Die Medikamente hätten schwere Nebenwirkungen, aber «ich beisse mich durch, um wieder auf einen grünen Zweig zu kommen».
In seinem Plädoyer stellte der Verteidiger fest, sein Mandant sei «nicht böse, sondern krank». Er leide seit seiner Jugendzeit unter dem Exhibitionismus und dessen Folgen. Von den Vorwürfen des unanständigen Benehmens und der Hinderung einer Amtshandlung sei der Mann freizusprechen. Für die angebliche Tat gebe es weder Zeugenaussagen noch Beweise. Wer an jenem Morgen die Polizei gerufen habe, sei unklar. Weiter habe sich der Beschuldigte bereits aus dem Staub gemacht, ehe die Beamten bei ihm eingetroffen seien und eine erste Amtshandlung vornehmen konnten.
Vermindert intelligent
In zwei Punkten gab der Richter dem Verteidiger kurz darauf recht: Eine Hinderung einer Amtshandlung liege tatsächlich nicht vor, sagte Manuel Blaser. Zweifel daran, dass der Angeklagte krank sei, gebe es ebenfalls keine.
Schon vor sieben Jahren habe ein Psychiater in einem Gutachten attestiert, dass der Beschuldigte unter einer «psychisch sehr tieflegenden Störung» leide, für die «kaum Heilungsaussichten» bestehen würden. Darüber hinaus diagnostizierte der Fachmann bei dem Mann eine «unterdurchschnittliche Intelligenz».
Ein weiterer Vorfall wird verhandelt
Der Richter verurteilte den Beschuldigten wegen der Gleisüberquerung und unanständigen Verhaltens zu einer Busse von 400 Franken. Wie lange der Mann sich über den Teilfreispruch freuen kann, ist unklar: In absehbarer Zeit muss er sich im Zuge eines anderen Verfahrens vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland verantworten. Die Anklage lautet auf Exhibitionismus.
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