Lieber bergauf
Werner Marti ist Skialpinist. Seit eineinhalb Jahren ist der 28-jährige Grindelwalder Profi im Tourenskifahren. Derzeit bremsen den Schweizer Meister Kopfschmerzen.

«Es geht von Tag zu Tag besser», sagt Werner Marti. Der Oberländer laboriert an einer Hirnerschütterung. «Meiner ersten», wie er betont. Vielleicht ist genau dies der Grund, warum er den Kopfschmerzen nach einem Sturz zu wenig Beachtung geschenkt hatte. Es geschah vor zwei Wochen an der Lenk. Zwei Minuten vor dem Ziel kam Marti in einer Abfahrt zu Fall und schlug trotz Helm heftig mit dem Kopf auf. «Ärgerlich ist vor allem, dass der Unfall ohne eigenes Verschulden passierte – es war ein Fehler der Organisatoren.»
Die Schneekanonen waren in Betrieb und produzierten wegen der hohen Temperaturen sehr nassen Schnee. «Als ich in hohem Tempo in diesen Nassschneebereich fuhr, blieb ich förmlich kleben. Ein Sturz war unvermeidbar.» Mit Marti stürzte auch dessen Verfolger Martin Anthamatten. Der Berner rappelte sich jedoch schneller wieder auf als der Walliser und holte sich schliesslich die Goldmedaille im Einzelrennen. Bereits eine Woche zuvor hatte Marti in der Disziplin Vertical (vgl. Kasten) in Veysonnaz seinen ersten Schweizer-Meister-Titel in dieser Saison geholt.
Die Weltnummer 6
Die Form stimmte also. Deshalb ging Marti vor zehn Tagen in Villars-sur-Ollon zuversichtlich an den Start. Er führte das Weltcuprennen an, bevor nach 40 Minuten die Kopfschmerzen immer stärker wurden und er schliesslich kapitulieren musste. «Im Nachhinein hätte ich länger pausieren sollen», weiss er jetzt. «Nun habe ich ein paar Tage mit dem Skitraining ausgesetzt.» Stattdessen absolvierte er Einheiten auf dem Hometrainer – «ohne zu forcieren.»
Schweren Herzens verzichtete Marti am vergangenen Wochenende auf den Weltcup in Andorra; ausgerechnet jenes Rennen, bei dem er vor einem Jahr seinen ersten Weltcupsieg feiern konnte. «Als ich mir nach Absprache mit dem Arzt eingestehen musste, dass ein Start keinen Sinn macht, war ich sehr demotiviert. Doch die Gesundheit geht vor.»
Marti wird erst in zehn Tagen in Frankreich sein nächstes Rennen absolvieren. «Schade ist, dass ich den Gesamtweltcup nicht mehr gewinnen kann.» Dabei war der Start Mitte Dezember in China bei äusserst frostigen Temperaturen mit Rang 2 verheissungsvoll gewesen. Nach der Aufgabe und dem Verzicht in den Weltcuprennen 2 und 3 sind die Chancen für die aktuelle Nummer 6 der Welt dahin. «Jetzt sind die Europameisterschaften sowie die Patrouille des Glaciers meine Saisonziele.» Die kontinentalen Titelkämpfe finden Ende Februar in Italien, das grösste Tourenskirennen der Welt Ende April im Wallis statt.
Schon Weltmeister
Vor einem Jahr hat der frühere Junioreneuropameister neben dem ersten Weltcupsieg noch WM-Bronze im Einzel und WM-Gold mit der Staffel gewonnen. Marti war früher Langläufer. Erst als er immer öfter mit seinem älteren Bruder Marcel, der ebenfalls dem Nationalteam angehörte, trainierte, stieg er auch auf das Tourenskifahren um, das als Wettkampfsport Skialpinismus genannt wird. Nun trainiert er «das ganze Jahr jeden Tag»; 15 bis 20 Stunden pro Woche.
«Ich betreibe als Profi eine Sportart, die boomt», sagt Marti und relativiert seine Aussage sogleich, indem er festhält, «doch sie ist immer noch eine Randsportart.» Manchmal frage er sich selber, warum er all die Strapazen auf sich nehme, denn reich wird niemand. Weil die Siegesprämien nicht üppig sind, ist Marti vor allem auf Sponsorenbeiträge und Unterstützung von der Schweizer Sporthilfe angewiesen, um finanziell über die Runden zu kommen.
«Aber ich liebe es, draussen in der Natur zu sein, mich zu bewegen», nennt er die Vorzüge seiner Tätigkeit. Und weil er «immer schon eher der Ausdauersportler» war und ihm «nur den Berg hinunterfahren» auf den Alpinskiern weniger zusagte, ist der Handelsschulabsolvent und frühere Sportartikelverkäufer in Grindelwald glücklich mit seiner Wahl.
Lieblingsdisziplin Vertical
In Deutschland und Österreich wird die Sportart als Skibergsteigen bezeichnet. Sinnbild dafür ist das Verticalrennen – Martis Lieblingsdisziplin. Hier muss ein Aufstieg bewältigt werden, ohne Abfahrt. «Das entspricht meinen Stärken Kraft und Ausdauer am besten, das Abfahren gehört nicht dazu», sagt Marti. Bergauf ist die Gefahr, eine Hirnerschütterung zu erleiden, ja auch deutlich geringer.
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