Pfusch führte zu Verzögerung
Der frühere Kultursekretär Christoph Reichenau wollte das Reglement für Kunst im öffentlichen Raum vor seiner Pensionierung durchpeitschen. Heraus kam ein unausgereiftes Produkt. Nach einer Zusatzrunde ist es jetzt spruchreif.
Das Kulturprozent bei öffentlichen Bauprojekten soll sinnvoller und flexibler verwendet werden. Mit diesem Ziel vor Augen und den Pannen bei Grossprojekten wie dem Bahnhofplatz im Nacken nahm Christoph Reichenau ein Reglement für Kunst im öffentlichen Raum in Angriff. Der Kultursekretär wollte das Projekt noch vor seiner Pensionierung im Sommer 2008 vollenden. Am 18.Juni 2008 verabschiedete der Gemeinderat das Reglement zuhanden des Stadtrats – wo es nie ankam. Denn die vorberatende Kommission fand derart gravierende Mängel, dass es Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) flugs wieder zurückzog. Es wurde überarbeitet und zwei Mal durch eine interne Vernehmlassung geschleust. Im zweiten Anlauf Am Mittwoch war es wieder so weit: Der Gemeinderat beugte sich erneut über das drei Seiten starke Papier. Beim zweiten Anlauf sollte das Kunststück nun zu schaffen sein. Veronica Schaller, Reichenaus Nachfolgerin, ist zuversichtlich: «Das Papier geht nun bei den politischen Parteien, den Bauplanungsfachverbänden und bei Visarte, dem Berufsverband für visuelle Kunst, in die Vernehmlassung.» Ein Stolperstein war die externe Anstalt Stadtbauten Bern (Stabe), die in Bern die Mehrzahl öffentlicher Bauten realisiert. Sie wurde ohne Detailabklärungen einbezogen. «Stabe haben aber stets gesagt, dass ihre Integration ins Reglement rechtlich schwierig ist», sagt Schaller. Und dem war so. Deshalb bleibt bei Schulhäusern, Hallenbädern, Verwaltungsgebäuden alles beim Alten, und die Kunst bleibt weiterhin ans Bauprojekt gekoppelt. Kunst wird unabhängiger Neuerungen gibt es hingegen bei Projekten der Direktion Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün. Weiterhin fliesst ein Prozent der Bausumme, die für Neubauten verwendet wird, in die Kultur. Das Geld gelangt aber vorerst in einen Topf. Eine neue Kommission, die aus Angestellten betroffener Verwaltungszweige und externen Fachpersonen zusammengesetzt ist, wird über den Einsatz der Gelder befinden. Kunst wird also nicht mehr zwingend «am Bau» erfolgen, sondern gegebenenfalls an einer anderen Stelle im öffentlichen Raum. Die Kommission umreisst geplante Schwerpunkte und legt Spielregeln fest: Hat das Kunstwerk ein «Zerfallsdatum»? Wie wird der Unterhalt sichergestellt? All dies soll die Qualität stärken. «Im Unterschied zur ersten Variante entscheidet nicht der Gemeinderat, sondern die Kommission. Sie rapportiert aber einmal pro Jahr der Regierung. Die Auswahl der Kunstprojekte wird eine separate Jury vornehmen, die von der Kommission jeweils zusammengestellt wird», erklärt Schaller. Die Jury werde im Gegensatz zur Kommission mehrheitlich aus verwaltungsexternen Fachpersonen zusammengestellt, darunter auch Betroffene – also beispielsweise Quartiervertreter. Ab 2011 neue Regeln 294000 Franken sind als Startkapital bereits vorhanden. Sie stammen aus dem Debakel um die Kunst auf dem Bahnhofplatz und aus dem gescheiterten Projekt beim Tram Bern West. Solange die rechtliche Grundlage fehlt, lagert das Geld auf einem Sperrkonto. Schaller rechnet damit, dass der neue Fonds pro Jahr mit rund 120000 Franken geäufnet werden kann. Sie betont, dass dieses Geld der Kunst vorbehalten bleibt und nicht für Verwaltungsbelange verwendet werden darf. Mit was Letzteres bezahlt werden soll, ist noch offen: «Bisher ist kein Geld dafür eingeplant», so Schaller. Mit Stabe, bei denen gemäss eigenen Angaben im Schnitt 70000 Franken pro Jahr für die Kunst am Bau anfällt, funktioniere die Zusammenarbeit einwandfrei, attestiert Schaller. Bei den Tiefbauprojekten hingegen seien die vergangenen Jahre ohne Reglement manchmal etwas mühsam gewesen. Die neue Organisation bringe für beide Seiten eine Vereinfachung. Kann der Fahrplan diesmal eingehalten werden, erarbeitet die neue Kommission bereits diesen Sommer die Grundlagen für Kunst im öffentlichen Raum. Im Mai wird das Reglement der Regierung, danach dem Parlament vorgelegt. Schaller hofft, dass ab 2011 mit dem neuen Instrument gearbeitet werden kann.Christoph AebischerPodiumsgespräch zum Thema am Dienstag um 18.30 Uhr im Rahmen der Tacheles-Gespräche in der Kunsthalle Bern. >
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