«Pilot kann die Kontrolle verlieren»
Unglaublich, aber wahr: Immer öfter werden tief fliegende Helikopter der Rega von Lasergeräten
«Erst vor wenigen Wochen wurde ich beim Landeanflug auf die Basis von einem Laserpointer ‹beschossen› – das ist Wahnsinn. Wer so etwas tut, hat keine Ahnung, was er damit anstellt»: Heinz Segessenmann ist Chefpilot und Leiter von Rega 10, der Basis der Schweizerischen Rettungsflugwacht in Wilderswil. Bei Rettungseinsätzen im Berner Oberland wurde er erst einmal Opfer eines Laserangriffs. Bei Schulungsnachtflügen im Mittelland hingegen hat Segessenmann solche Laserpointer-Angriffe schon des Öftern erlebt: «Entscheidend ist der Winkel, in dem dieses scharfe Licht ins Cockpit dringt. Eine vorübergehende Sehbehinderung kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass der Pilot die Herrschaft über den Helikopter verliert und dieser abstürzt.» Zwei Vorfälle im Oberland Markus Rieder, Flugsicherheitsoffizier der Rega: «Viele unserer Piloten machen früher oder später diese gefährliche Erfahrung. Wer einen Laserstrahl auf ein Luftfahrzeug richtet, setzt direkt die Sicherheit von Besatzungsmitgliedern und Patienten aufs Spiel. Wird der Pilot geblendet, kann er die Kontrolle über den Helikopter verlieren.» Selbst eine Adaptionszeit von einer Sekunde, in welcher sich das geblendete Auge wieder an die dunkle Umgebung gewöhnen müsse, könne fatale Folgen haben. Gerade in den Start- und Landephasen, die dem Piloten die meiste Konzentration abverlangen, können die Konsequenzen einer Störung durch Laserlicht gravierend sein. Die Rega fliegt oft nachts in geringer Höhe, womit die Helikopter den Laserstrahlen besonders ausgesetzt sind. In diesem Jahr leistete die Rega bereits über 1000 Nachtflüge. Laut Markus Rieder wurden im Oberland bisher zwei Angriffe registriert. Von solchen Attacken verschont wurden bis jetzt die Piloten der Berner Oberländer Helikopter AG (Bohag) und der in Lauterbrunnen ansässigen Air-Glaciers. «Ausser gewissen Blendungen durch Feuerwerke am Nationalfeiertag hatten wir uns mit diesem Problem bisher zum Glück nicht auseinanderzusetzen», sagt der für das Rettungswesen zuständige Air-Glaciers-Pilot Adrian Marti. Auch auf Flugzeuge Aber nicht nur auf fliegende Helikopter wird «geschossen»: «Wir erhalten gelegentlich Meldungen von Airline-Piloten, die während des Landeanfluges einer Laserattacke ausgesetzt waren», bestätigt Daniel Steffen, Liniennetzmanager des Flughafens Bern-Belpmoos. Die Fälle würden allerdings weder registriert noch an die Polizei weitergeleitet. Steffen: «Im Gegensatz zum Helikopter sind die Auswirkungen bei Flugzeugen wegen der kleineren Scheibenfläche in der Regel weniger dramatisch.» Dennoch gab es auch bei Flugzeugen schon Zwischenfälle: So mussten sich unlängst drei Piloten der Schweizer Luftwaffe nach einem Laserpointer-Angriff in augenärztliche Behandlung begeben. Mindestens einer von ihnen war danach während mehrerer Tage dienstunfähig. «Je nach Dauer und Intensität des Laserstrahls führen solche Angriffe gar zu bleibenden Schäden an den Augen», sagt Laurent Savary von der Luftwaffe. «Einzelfälle eher schwierig» Roland Lüscher ist Polizeiwachtchef des Flughafens Bern-Belpmoos und Pilot bei Skydive in Reichenbach: «Ich wurde noch nie Opfer eines Lasers. Aber im vergangenen Jahr haben wir im Belpmoos eine Strafanzeige gegen eine unbekannte Täterschaft entgegengenommen.» In Einzelfällen sei es eher schwierig, den Blendern auf die Spur zu kommen, nicht zuletzt deshalb, weil das Flugzeug nicht an Ort und Stelle in der Luft schweben kann, wie dies beim Helikopter der Fall ist. Lüscher: «Jedenfalls wird dieses Thema zurzeit auf Bundesebene diskutiert. Man will Lösungen finden, um solchen Untaten wirkungsvoll entgegentreten zu können.» Beunruhigende Zunahme Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) stellt insgesamt eine erhebliche Zunahme der Laserpointer-Attacken fest. So wurden im vergangenen Jahr 40 solche Fälle registriert, während dem Bazl im laufenden Jahr bereits mehr als 60 Laserattacken gemeldet wurden. Allein die Rega wurde 2009 sechsmal angegriffen, in diesem Jahr sind es bereits zehnmal. Bazl-Sprecher Daniel Göhring sagt dazu unmissverständlich: «Hier handelt es sich nicht bloss um Lausbubenstreiche oder andere Bagatellen, sondern um ein Verbrechen. Solche Leute wissen gar nicht, dass sie sich wegen Störung des öffentlichen Verkehrs, Gefährdung von Menschenleben und Inkaufnahme von Verletzten oder gar Todesopfern strafbar machen.» Bruno Petroni >
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