Unter Palmen
Franz Scherer
Verführt dieser Titel nicht dazu, von Ferien im Süden zu träumen: im Schatten unter einer Palme liegen, geschützt von der Sonne und umweht von einem angenehmen erfrischenden Wind? Ob ich will oder nicht und obwohl ich es kaum je so habe erleben wollen, kommen da Bilder hoch, wie sie in Ferienprospekten zu finden sind. Der Kälte des Nordens entfliehen und die Wärme des Südens geniessen, das ist die Botschaft, die durch solche Bilder transportiert wird. Wer es dann auch so einrichten und erleben kann, wer auf diese Art anstrengende Tage und Wochen weit hinter sich lassen und wieder mal richtig ausspannen darf, dem ist es vorbehaltlos zu gönnen. Viele werden sich, diesen Wunsch vor Augen, wieder in der kommenden Woche vor Ostern ins Auto, in den Zug oder ins Flugzeug setzen. Warum aber wecken gerade Palmen in uns Gefühle von Leben in seiner Fülle? Ein Grund ist, dass Palmen immergrüne und dazu südliche Pflanzen sind. Sie weisen auf das Leben hin, das kein Ende kennt. Leben in Fülle und Leben ohne Ende. Mit Palmen jubeln die Leute vor den Toren Jerusalems Jesus bei seinem Einzug zu. Zwar ist es nur gerade der Evangelist Johannes, der ausdrücklich von Palmzweigen spricht. Aber in der christlichen Tradition hat sich seit früher Zeit der Brauch durchgesetzt, am Sonntag vor Ostern Palmzweige zu binden und als Zeichen des neuen und unverlierbaren Lebens mit nach Hause zu nehmen. Diese Zweige erinnern wohl kaum jemand an die Palmen des Südens, geschweige denn an Ferien und Erholung. Im Hintergrund wird vielmehr bereits das Kreuz sichtbar, das Zeichen des Todes. Und doch sehe ich eine gewisse Verbindung von beidem. Während das Lob auf Jesus, der gemäss allen vier Evangelisten feierlich in Jerusalem einzieht, schnell verstummt, bleibt die Erinnerung an die grünen Zweige als sozusagen trotzige Erinnerung daran, dass der gewaltsame Tod nicht das Ende bedeutet hat. Die Auferstehung Jesu folgte zwar ganz und gar nicht zwingend dem Tod. Auferstehung ist aber die Wirklichkeit, die uns durch Jesu Auferstehung verheissen ist. Franz Scherer ist Pfarrer der röm.-kath. Pfarrei St. Martin in Thun und wohnt auch in Thun. E-Mail: scherer@kath-thun.ch >
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