«Schafft keinen knappen Sieger»
Vor der Entscheidung in der Präsidentenwahl gibt es bei den französischen Sozialisten eine Sorge: Wie werden sich Nichtwähler und die Protestwähler verhalten?
«Schafft keinen knappen Sieger», rief Präsidentschaftskandidat François Hollande vor Zehntausenden Anhängern am Freitagabend im südfranzösischen Toulouse. Er wünsche sich einen «breiten Sieg», damit er genug Rückhalt für seine Politik habe. Dass der Sozialist die Stichwahl gegen Präsident Nicolas Sarkozy gewinnt, daran zweifelt fast niemand mehr. Für Hollande geht es inzwischen darum, mit welchem Vorsprung er vor dem Staatschef liegt, um nach dem Machtwechsel freier agieren zu können. 52 Prozent bezeichnet der Sozialist als einen klaren Sieg. Damit hängte Hollande die Messlatte nicht besonders hoch, denn alle Umfragen sehen ihn derzeit bei 52,5 bis 53,5 Prozent.
Noch nicht einbezogen ist in dieses letzte Stimmungsbild vor der Wahl, dass sich der Zentrumspolitiker François Bayrou persönlich überraschend für Hollande aussprach. Die knapp zehn Prozent Bayrou-Wähler aus der ersten Wahlrunde werden zwar keinesfalls geschlossen ins Hollande-Lager überlaufen, doch stärkt dies dessen Wählerpotenzial.
«Es kann noch Überraschungsmomente geben»
Hollande sieht sich als Erbe des bisher einzigen sozialistischen Präsidenten der Fünften Republik, François Mitterrand. Der hatte bei seinem ersten Wahlsieg 1981 gegen den Rechtsliberalen Giscard d'Estaing 51,8 Prozent erzielt. Sarkozy wiederum hatte 2007 rund 53 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen können. Doch für Hollande gibt es noch «einige Unbekannte» wie die Nichtwähler und die Protestwähler, die leere Stimmzettel abgeben wollen. Der Politologe Pascal Perrineau verwies am Freitag im Sender France Info darauf, dass sich der Abstand zwischen Hollande und Sarkozy verringert habe: «Es gibt eine bedeutende Zahl unentschiedener Wähler. Hier kann es noch einige Überraschungsmomente geben.»
Nach letzten Umfragen wollten weniger Wähler des Linkskandidaten Jean-Luc Mélenchon, der elf Prozent in der ersten Runde errungen hatte, für Hollande stimmen als zuvor vorhergesagt. Denn dem ausgleichenden und vielen sogar zu schlaffen Sozialisten war es nie gelungen, aus der Wahl ein Pro-Hollande-Votum statt ein Anti-Sarkozy-Votum zu machen. Unklar ist bisher auch, wie viele Wähler der mit fast 18 Prozent erstarkten Rechtsextremen Marine Le Pen für den Sozialisten stimmen könnten.
Wahlresultat ist entscheidend für Regierungsbildung
Von dem Wahlergebnis hängt ab, ob Hollande danach bei seiner Regierungsbildung und bei seinen Reformen weitgehend freie Hand hat. Bei einem sehr knappen Sieg muss er mehr Rücksicht auf das linke Lager nehmen. So heisst es in Paris, dass er dann Parteichefin Martine Aubry vom linken Flügel zur Premierministerin machen müsste, obwohl sich die beiden nicht besonders nahestehen. Sein eher an der Mitte orientierter Reformkurs würde dadurch ebenfalls nicht einfacher. Die Parteilinke ist unter anderem für eine Rückkehr zur Rente mit 60. Die nötigen Einsparungen des Staates könnten dann zu einem harten Ringen führen.
afp/dapd/vin
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