Der Bundesrat will die Zölle senken
Die Landwirtschaft soll auf offene Grenzen vorbereitet werden. Laut dem Bundesrat ist dies nötig, weil sich der bestehende Grenzschutz bei Verhandlungen über Freihandelsabkommen nicht länger verteidigen lasse. Der Bauernverband wirft dem Bundesrat vor, er wolle die Landwirtschaft opfern.

Will man der Exportindustrie den Zugang zu Wachstumsmärkten nicht verwehren, muss man bei der Landwirtschaft Zugeständnisse machen. Dies machte Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann am Mittwoch vor den Medien deutlich. Beim Aushandeln von Freihandelsabkommen werde man der Schweiz nichts schenken, der Zugang zu den Märkten sei nicht umsonst zu haben.
Der Bundesrat geht davon aus, dass die Verhandlungspartner von der Schweiz einen Abbau des Grenzschutzes im Agrarbereich verlangen. Heute limitiert die Schweiz die Einfuhr von landwirtschaftlichen Produkten und belegt sie mit Zöllen. Auf diese Weise schützt sie die einheimische Produktion vor der ausländischen Konkurrenz.
Eine am Mittwoch vom Bundesrat verabschiedete Gesamtschau zeigt, dass 2010 Verhandlungen mit der EU über eine Marktöffnung unter anderem wegen «innenpolitischen Widerstands betreffend den Marktzugang im Agrarbereich» ins Stocken gerieten. Und in Zukunft werde der Grenzschutz zum Thema werden, wenn es zum Beispiel um Freihandelsabkommen mit südamerikanischen Staaten gehe und die Gegenparteien Landwirtschaftsprodukte in die Schweiz einführen wollten.
Gemäss dem Bericht ist davon auszugehen, «dass gesamtwirtschaftlich vorteilhafte Abschlüsse ohne deutliche Konzessionen, insbesondere im Bereich Landwirtschaft, kaum mehr möglich» sind.
Grenzschutz abbauen
Für Bundesrat Schneider-Ammann ist klar, dass sich die Schweiz in diesen Verhandlungen bestmöglich positionieren muss, denn hier gehe es um Arbeitsplätze. Wolle man vorteilhaft verhandeln, müsse man flexibel reagieren und etwa beim Grenzschutz Zugeständnisse machen können.
Darauf will der Bundesrat die Landwirtschaft vorbereiten und erreichen, dass deren Abhängigkeit vom Grenzschutz sinkt. Er will diesen längerfristig reduzieren, wie er in der gestern verabschiedeten Gesamtschau zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik ab dem Jahr 2022 erläutert. «Das soll für die Volkswirtschaft geschehen, aber nicht gegen die Landwirtschaft», so Schneider-Ammann.
Weitere Gründe für Abbau
Gemäss dieser Gesamtschau ist die Schweizer Landwirtschaft international nicht wettbewerbsfähig. Die Preise für landwirtschaftliche Produkte sind hoch. Das führt nicht zuletzt zu einem starken Einkaufstourismus.
Im Vergleich zum Ausland ist der Strukturwandel weniger weit fortgeschritten, die Produktivität tiefer. Der Grenzschutz trägt dazu einen Teil bei. Von ihm profitieren nicht nur die Bauern, sondern die gesamte Wertschöpfungskette. «Der Grenzschutz ist nicht das optimale Instrument dazu, die Landwirtschaft zu unterstützen», sagte Bernard Lehmann, Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft, gestern vor den Medien.
Drei weitere Punkte
All dies spricht gemäss der Gesamtschau längerfristig für einen Abbau des Grenzschutzes. Berechnungen zeigten, dass eine Marktöffnung im Agrarbereich volkswirtschaftlich vorteilhaft sei und die Landwirtschaft diesen bewältigen könne, sofern sie im Gegenzug die nötige Unterstützung erhalte.

Neben dem Grenzschutz erwähnte Schneider-Ammann drei weitere Punkte, bei denen es anzusetzen gelte: Die Schweizer Landwirtschaft soll sich noch stärker auf die Märkte ausrichten. Bauern sollen als weiteren Punkt mehr unternehmerische Freiheiten erhalten, es soll eine Gegenbewegung zur heutigen Regulierungsdichte entstehen. Und schliesslich soll die Umwelt nicht stärker belastet werden als im internationalen Quervergleich.
Der Landwirtschaftsminister fordert die Bauern zur Mitgestaltung auf. Er sei sich bewusst, dass ein Abbau des Grenzschutzes auf Abwehr stosse. Doch er sei zuversichtlich, dass es möglich sein werde, auch mit dem Bauernverband gemeinsam Lösungen auszuarbeiten.
Der Bundesrat werde Ende nächsten Jahres eine Vernehmlassung zu dieser neuen Agrarpolitik durchführen, die ab dem Jahr 2022 gelten solle (AP22+), kündigte Schneider-Ammann an. Im Sommer 2019 soll die entsprechende Botschaft dem Parlament vorgelegt werden, und die dafür nötigen Gesetzesanpassungen sollen 2022 in Kraft treten.
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