Den Beruf des Nachrichtendienstmitarbeiters kann man ja nicht lernen. Was für Fachleute suchen Sie? Nebst dem IT-Mitarbeiter oder dem Juristen gibt es zwei Kategorien, die Analysten und die Beschaffer. Während bei den Analysten ein wissenschaftlicher Hintergrund und Sprachkenntnisse gefragt sind, braucht es bei den Beschaffern ganz andere Qualitäten ...
... die am ehesten dem klassischen Bild eines Spions nahekommen. Ja. Diese im In- und Ausland tätigen Fachleute brauchen ein gutes Flair für das Terrain und die Fähigkeit, Informanten und Quellen zu rekrutieren, diese zu führen und auch zu schützen.
Der 48-jährige Familienvater wohnt in Spiez. Von seinem Privatleben möchte er aus verständlichen Gründen nicht allzu viel preisgeben. Bild: Beat Mathys
Das neue Nachrichtendienstgesetz wurde im September vom Volk angenommen. Welche technischen Anschaffungen müssen nun getätigt werden?
Es müssen die Fähigkeiten für die neuen, genehmigungspflichtigen Massnahmen aufgebaut werden. Dabei geht es um das Abhören von Telefonen, das Anzapfen von Computern oder die Kabelaufklärung, welche es ermöglicht, alle Datenströme, die über die Schweizer Grenze fliessen, anzuzapfen und mit Stichworten zu durchsuchen. Einige dieser Massnahmen kennen wir bereits von unserer Auslandtätigkeit. Andere wie die Kabelaufklärung oder das Eindringen in fremde Computer mit Trojanern sind Neuland für uns. Hier müssen wir rasch das nötige Know-how aufbauen. Für die technische Umsetzung der Kabelaufklärung ist das Zentrum für elektronische Operationen der Armee zuständig. Dieses wird die genehmigten Suchaufträge durchführen. Wir erhalten nur allfällige Treffer.
Wo kauft man eigentlich Wanzen oder Trojaner? Es gibt eine relativ grosse Industrie. Man muss nur den richtigen Anbieter wählen. Jeder hat seine Vor- und Nachteile.
Sie haben das fehlende Know-how angesprochen. Wie steht es damit im Bereich Cybersecurity? Im Bereich der Abwehr von Cyberattacken verfügen wir über das nötige Wissen. Natürlich gilt auch hier das Motto «Klein, aber fein». Die Vorstellung, dass wir die Ruag oder gar die ganze Schweiz schützen könnten oder sollten, ist falsch. Das ist schlicht nicht unsere Aufgabe. Die Verantwortung für die Datensicherheit liegt bei jedem Einzelnen. Wenn wir aber einen Hinweis erhalten, können wir dank unserer Expertise ein schädliches Computerprogramm relativ rasch aufspüren und bekämpfen.
Viele fürchten, dass der Nachrichtendienst mit der Kabelaufklärung nun die gleichen Möglichkeiten hat wie die NSA in den USA. Das ist nicht der Fall. Die Volksabstimmung hat gezeigt, dass diese Furcht von zwei Dritteln des Stimmvolks nicht geteilt wurde. Leider blieb das Wort Massenüberwachung im Abstimmungskampf oft unwidersprochen. Aber als Behörde waren uns die Hände gebunden, weil sich eine Behörde nicht in den Abstimmungskampf einmischt. Wir haben aber immer gesagt, dass es keine Massenüberwachung geben wird. Das ist der wesentliche Unterschied zur NSA und zu anderen grossen Geheimdiensten, die möglichst viele Daten sammeln und dann schauen, ob sie damit etwas anfangen können.
«Wir haben immer gesagt, dass es keine Massenüberwachung geben wird.»
Wie läuft es denn bei Ihnen ab? Genau umgekehrt: Zuerst brauchen wir einen Anfangsverdacht zum Beispiel gegen eine bestimmte E-Mail-Adresse oder eine Telefonnummer. Ich nenne das den endoskopischen Ansatz: Um eine Nadel zu finden, muss man eine Vorstellung von ihr haben. Einen Heuhaufen braucht es dafür nicht. Entsprechend haben wir auch nur knapp 300 Mitarbeiter und nicht 30'000.