«Sicherheit darf nicht geopfert werden»
Hans Schatzmann, Präsident der schweizerischen Offiziersgesellschft, macht sich Sorgen um die Sicherheitspolitik. Die Diskussionen rund um die Affäre Nef und Bundesrat Samuel Schmid verneble den Blick auf das Wesentliche.
Steht die Schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) nach wie vor hinter Bundesrat Samuel Schmid?
Hans Schatzmann: Ich hatte an sich vermutet, dass noch weitere Details ans Licht kommen. Dies fördert unser Vertrauen in den Bundesrat nicht gerade. Unserer Meinung nach muss Bundesrat Schmid nun alle offenen Fragen beantworten, damit man die Angelegenheit endlich abhaken kann.
Dieser Forderung haben Sie schon vor einem Monat gestellt. Das ist aber offenbar nicht passiert.
Es wäre wohl das Beste gewesen, gleich am Anfang alles offenzulegen statt die Angelegenheit durch scheibchenweise Informationen in die Länge zu ziehen. Für die SOG hat diese Angelegenheit aber nicht oberste Priorität. Für uns ist es wichtig, dass es Bundesrat Schmid gelingt, die anstehenden militärpolitischen Geschäfte durchzubringen.
Dies ist aber schwierig. Wäre es nicht gerade deshalb Aufgabe der SOG, hier klar Stellung zu beziehen?
Das ist eine Frage des Rollenverständnisses. Die SOG setzt sich gemäss ihren Statuten vor allem mit sicherheitspolitischen Fragen auseinander. Es ist nicht ihre Aufgabe, Personalpolitik zu machen und sich auf einzelne Personen zu fixieren. Wir versuchen, uns auf die Sache zu konzentrieren und sind damit bisher gut gefahren.
Sie haben sich nach den ersten Schlagzeilen mehrmals zur Person Roland Nef geäussert. Zu Beginn standen Sie hinter ihm. Erst später hat sich Ihre Position geändert.
Die SOG wusste auch nicht mehr als man aus den Medien erfahren konnte. Solange nur bekannt war, dass ein Strafverfahren lief, dieses aber eingestellt wurde und es sich dabei um eine private Angelegenheit handelte, konnten wir hinter Roland Nef, der gute Arbeit geleistet hatte, stehen. Als weitere Details bekannt wurden, stellte sich die Sache anders dar und wir mussten unsere Position überdenken. Dies ist letztlich auch eine Folge der fragwürdigen Informationspolitik des VBS.
Schummel-Schmid, Schrott-Armee, Affäre Nef. Wie sehr leidet die Armee unter diesen Schlagzeilen?
Nach Einschätzung der SOG leidet der Ruf der Armee erheblich unter diesen negativen Schlagzeilen. Und – dies möchte ich betonen – zu Unrecht. Die Polemik, die jetzt gegen die Armee gemacht wird, hat mit der Sache selbst eigentlich nicht mehr viel zu tun. Die Armee ist ein wichtiges Instrument für die Sicherheit unseres Landes. Sie hat es verdient, dass man sich ernsthaft und sorgfältig mit ihr auseinandersetzt. Diese sorgfältige Auseinandersetzung fehlt eindeutig, und das führt verständlicherweise zu einem gewissen Frust bei engagierten Soldaten und Kadern, die ihre Arbeit sehr gut machen und deren Leistungen überhaupt nicht gewürdigt werden.
Ist das nicht die Schuld des VBS?
Nicht alleine, die Politik und die Medien tragen auch ihren Teil dazu bei. Aber es ist dem VBS in den letzten Monaten nicht gelungen, stringent und führungsstark zu kommunizieren. Es braucht keine Imagekampagne, aber es muss gelingen, die positiven Aspekte der Armee wieder zu betonen.
Woran denken Sie dabei?
Die SOG ist der Ansicht, dass die Armee XXI gut konzipiert ist und wesentlich besser funktioniert als vielfach behauptet wird. Sie kann ihre Aufträge erfüllen und die geforderten Leistungen im aktuellen Umfeld erbringen. Der Grosseinsatz der Armee an der Euro 08 verlief zum Beispiel tadellos.
Auch dort hatten aber viele Soldaten kaum zu tun.
Die Schweiz hat ein Fest veranstaltet und musste genügend Mittel und Reserven bereitstellen, um die Sicherheit zu gewährleisten. Dass nicht alle Soldaten zum Einsatz gekommen sind, ist ja positiv. Der Polizei ging es gleich. Es kam glücklicherweise zu keinen Zwischenfällen. Der Punkt ist, dass die Armee ihren Auftrag erfüllt hat. Das liegt auch am Engagement der Angehörigen der Armee und zeigt die Vorteile des Milizsystems. Die Angehörigen der Armee leisten ihren Dienst engagiert, sorgfältig und verantwortungsbewusst.
Was können Sie tun, damit die Bevölkerung die positiven Seiten vermehrt wahrnimmt?
Indem wir gerade im Zusammenhang mit den aktuellen Diskussionen immer wieder betonen, dass sehr vieles gut funktioniert. Wir weisen aber selbstverständlich auch auf die Mängel hin und erwarten vom VBS, dass die nötigen Massnahmen eingeleitet werden. Im Wesentlichen ist dies auch geschehen.
Zur Zeit wird aber – auch vom VBS – in Frage gestellt, ob die Armee ihre Aufträge überhaupt noch erfüllen kann. Von Experten werden auch die Aufträge der Armee in Frage gestellt.
Dies ist weitgehend eine Folge der gekürzten Mittel. In der Schweiz wird Militärpolitik im Wesentlichen über das Portemonnaie gemacht. Und das ist falsch. Wir müssen uns doch fragen, welchen Gefahren unser Land ausgesetzt ist und wie man auf diese Gefahren am besten reagiert. Die entsprechenden Aufträge der Armee sind in der Verfassung festgeschrieben. Die Politik hat folglich die nötigen Mittel zu sprechen, damit die Armee diese Aufträge erfüllen kann. Dies ist heute aber nicht der Fall.
Das klingt so, als hätten Sie gerne einen finanziellen Freipass für die Armee.
Nein, aber die nötigen Mittel. Die Armee XXI wurde für 4,3 Milliarden konzipiert und wurde vom Volk mit grosser Zustimmung so akzeptiert. Das Parlament hat das Budget in den letzten Jahren stark gekürzt. Unser Land kann sich die nötigen Mittel für die Armee leisten und ich erwarte von der Politik, dass sie diese auch freigibt.
Bereits in der nächsten Session werden das revidierte Militärgesetz und das Rüstungsprogramm im Parlament behandelt. Wie wichtig sind diese Geschäfte?
Diese Geschäfte sind von grosser Bedeutung für die Weiterentwicklung der Armee. Es muss dem Parlament gelingen, den Blick von den Personen Schmid und Nef zu lösen und sich sachlich mit den anstehenden Geschäften auseinanderzusetzen. Ich erwarte, dass diese Themen ernsthaft diskutiert werden und dass kein Hickhack veranstaltet wird, welches anderen Zielen dient als einer glaubwürdigen Sicherheitspolitik.
Was passiert, wenn das Parlament nicht im Sinne der Armee entscheidet?
Das wäre höchst unerfreulich. Nicht nur für die Armee, sondern für unser Land. Sicherheitspolitik ist von grundsätzlicher Bedeutung für ein Land. Man kann diese langfristige Politik nicht einfach kurzfristigen Zielen opfern, nur weil manche Leute im Parlament ein Problem haben mit dem Chef des VBS.
Aber der Chef des VBS hat schwere Fehler gemacht...
Das stimmt. Die Wahl des Chefs der Armee wies gravierende Fehler auf. Aber die verfassungsmässigen Aufträge der Armee und die Armee an sich sollten deswegen nicht immer wieder in Frage gestellt werden. Diese Gefahr besteht aber im Moment. Ich hoffe sehr, dass die parlamentarischen Beratungen unter sachlichen Gesichtspunkten erfolgen.
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