Vor Olympia-Start abgesetztUgandischer Athlet wollte in Japan bleiben
Seit Freitag suchten die Behörden nach dem ugandischen Athleten Julius Ssekitoleko, der aus seinem Hotel verschwunden war. Nun ist der 20-Jährige wieder aufgetaucht.

Ein Athlet aus Uganda, der vor den Olympischen Spielen in Japan aus seinem Trainingslager in Izumisano, Osaka verschwunden war, ist am Dienstag wiederaufgetaucht. Laut den Behörden wurde der Gewichtheber Julius Ssekitoleko, der seit Freitag vermisst wurde, im 170 Kilometer östlich entfernten Yokkaichi in der Präfektur Mie gefunden. Der 20-Jährige werde nun von der Polizei befragt.
Der Athlet hatte laut «Japan Times» nach seiner Ankunft in Japan die Olympiaqualifikation verpasst und hätte deshalb am 20. Juli zurück nach Uganda fliegen sollen. Sein Verschwinden fiel auf, als er am Freitag nicht zu seinem Corona-Test auftauchte. Ssekitoleko hatte laut den örtlichen Behörden in seinem Hotelzimmer eine Notiz hinterlassen, in der er schrieb, dass sein Leben in seiner Heimat zu schwierig sei und er nun in Japan leben und arbeiten wolle. Die Mitglieder seiner Delegation bat er, seine Habseligkeiten an seine Frau in Uganda zu übergeben.
Ohne Pass unterwegs
Am Montag wurde der Athlet laut der Polizei schliesslich auf einer Überwachungskamera am Bahnhof Nagoya, etwa 200 Kilometer von seinem Trainingslager entfernt, gesichtet. Der 20-Jährige war vermutlich mit dem Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen nach Nagoya gereist, so die Behörden. Mit 150 Ugandern lebt in Nagoya laut der Regierung die zweitgrösste ugandische Gemeinschaft in Japan. Rund 40 Kilometer entfernt liegt die Ortschaft Yokkaichi, wo Ssekitoleko am Dienstag gefunden wurde. Der Gewichtheber war laut der Polizei ohne Pass unterwegs, da das gesamte ugandische Team diesen bei ihrer Ankunft abgegeben hatte.

Toshiro Muto, der Vorsitzende des japanischen Organisationskomitees für die Spiele, sagte am Dienstag, dass der Fall gründlich untersucht werden soll, bevor Entscheidungen getroffen würden. Salim Musoke, Präsident des ugandischen Gewichtheberverbandes, hatte bereits beim Verschwinden des 20-Jährigen angekündigt, Ssekitoleko vom Sport auszuschliessen. Laut «New York Times» zeigte er sich vom Vorfall enttäuscht. «Athleten, die verschwinden, sind nicht gut für das Land», sagte Musoke über das Gastgeberland Japan, das vielfach dafür kritisiert wird, die Spiele trotz der Corona-Pandemie stattfinden zu lassen.
Fragwürdiges Sicherheitskonzept
Das Verschwinden Ssekitolekos auf seinem Trainingslager wirft weitere Fragen über die Sicherheit der Olympischen Spiele auf. Die Athleten müssen gemäss den Organisatoren strenge Coronavirus-Massnahmen befolgen. So dürfen sie sich nur zwischen ihrer Unterkunft und den Trainings- beziehungsweise Wettkampfstätten bewegen. Der Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung ist verboten. Trotzdem wurden im Rahmen der Olympia bereits mehrere Corona-Fälle gemeldet. Auch zwei Mitglieder der ugandischen Equipe haben sich mit dem Coronavirus infiziert.
Während ein Ugander bereits bei der Einreise am Flughafen Narita positiv auf das Coronavirus getestet wurde, wurde bei der zweiten Person erst in Izumisano eine Infektion festgestellt, was die Besorgnis über Japans Corona-Grenzkontrollen schürt. Die Behörden gaben aus Datenschutzgründen nicht bekannt, ob es sich bei der zweiten infizierten Person um Ssekitoleko handelte. Der Covid-19-Test des Gewichthebers vom Donnerstag sei jedoch negativ gewesen.
Es ist nicht das erste Mal, dass ugandische Athleten bei internationalen Sportveranstaltungen verschwinden. Bei den Commonwealth Games in Glagow 2014 fehlte von zwei Siebener-Rugby-Spielern aus Uganda jede Spur. Ein Jahr später stellte sich heraus, dass die Athleten Asyl beantragt hatten und danach für ein Team in Cardiff spielten. Auch bei den Commonwealth Games 2018 in Gold Coast, Australien verschwanden zwei Ugander sowie Athleten aus Ruanda und Kamerun.
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Lisa Füllemann ist Redaktorin im Ressort Leben. Sie hat an der Universität Zürich Geschichte und Deutsche Literaturwissenschaft studiert.
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