Stromsparen im Kanton BernUnd jährlich grüsst die Energiekrise
Die kantonalen Massnahmen zum Stromsparen werden Ende April sistiert, gleichzeitig schielt der Kanton sorgenvoll auf den nächsten Winter.

Nach der Energiekrise ist vor der Energiekrise. Ungefähr so lässt sich die Medienmitteilung zusammenfassen, die der Regierungsrat am Donnerstag verschickt hat. Darin verkündet die Kantonsregierung, dass sie den Sonderstab Energiemangel auf Ende April sistiert, gemeinsam mit den für diesen Winter beschlossenen Energiesparmassnahmen. Die Lage habe sich entspannt. Gleichzeitig warnt sie aber, dass sich der Sonderstab bereithalten muss, um seine Arbeit unverzüglich wieder aufzunehmen. «Wir müssen davon ausgehen, dass sich die Situation im Herbst 2023 wieder verschärfen wird», so Sicherheitsdirektor Philippe Müller (FDP).
Ursprünglich wurde der Stab im August letzten Jahres eingesetzt, weil Engpässe im Winter drohten. Er beschloss konkrete Massnahmen sowohl in der Kantonsverwaltung als auch im Bildungsbereich: Die Raumtemperaturen wurden reduziert, der Warmwasserverbrauch eingeschränkt und Aussenbeleuchtungen abgestellt. Mit 15 bis 20 Prozent weniger Stromverbrauch habe der Kanton seine Sparziele erreicht, so Müller: «Ob wegen der milden Witterungsverhältnisse oder wegen der Empfehlungen, wissen wir aber nicht.»
Kanton bereitet sich vor
Nun konzentriert sich der Kanton auf den nächsten Winter. Aktuell macht er sich ein breiteres Bild von der Situation in den verschiedenen Gebäuden und Verwaltungseinheiten – etwa in Spitälern oder grossen Kasernenanlagen. Analysiert wird, wo Gebäude und Personal besonders viel Energie verbrauchen, wo sie sparen können oder wie lange die Notstromversorgung die Infrastruktur im Krisenfall am Laufen halten würde. Gleichzeitig plant der Kanton, wie er Stromkontingentierungen umsetzen würde, falls der Bund sie beschliessen sollte.

Doch was bedeutet das alles für die Berner Bevölkerung? Darf sie aufatmen, wieder so lange warm duschen, wie sie möchte? «Strom sparen macht grundsätzlich Sinn», sagt Regierungsrat Müller diplomatisch. «Die Sensibilisierung im Herbst und im Winter hat dort sicher etwas gebracht: Es sollte eine Grundeinstellung sein, dass wir nicht sinnlos Strom verbrauchen.»
Die Schweiz ist glimpflich durch den Winter gekommen, die düsteren Szenarien des Herbstes sind nicht eingetroffen. Könnte es deshalb schwierig werden, die Bevölkerung im Herbst erneut zum Stromsparen aufzufordern? «Alarmismus-Vorwürfe habe ich noch nie gehört», sagt Müller. «Sie wären auch nicht berechtigt – es ist wissenschaftlich erhärtet, dass eine Notlage möglich gewesen wäre. Wir hatten den Bonus eines milden Winters.»
Expertinnen und Experten warnen aus verschiedenen Gründen, dass sich die Mangellage in den kommenden Jahren nochmals verschärfen könnte. So dauert der Ukraine-Krieg an, das russische Gas fehlt. Zudem könnte das fehlende Stromabkommen mit der EU zu einem Problem werden.
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