USA sehen Liechtenstein als Vorbild und die Schweiz als Sorgenkind
Amerikanische Diplomaten sind enttäuscht über ihren Schweizer Verbündeten. Gemäss Dokumenten von Wikileaks wünschten sich die USA zu Bern ein Verhältnis, wie sie es zum Fürstentum pflegen.

Die Worte des ehemaligen US-Botschafters Peter Coneway waren für manche Schweizer wie ein Stich ins Herz: Die Schweiz sei «eine frustrierende Alpendemokratie», schrieb er in einer Depesche, die er von Bern nach Washington schickte. Diese Aussage, welche die Internetplattform Wikileaks im Dezember enthüllte, sorgte für viel mediales Aufsehen. Und der östliche Nachbar Liechtenstein dürfte sich spätestens jetzt wegen des amerikanischen Tadels ins Fäustchen lachen, kommt er doch deutlich besser weg: Das Fürstentum sei nämlich in vertraulichen Diplomatendokumenten gerne als Gegenbeispiel zur widerborstigen Schweiz genannt worden, berichtet die «Neue Zürcher Zeitung» in ihrer Ausgabe vom Samstag.
Die NZZ hat zusammen mit der Westschweizer Tageszeitung «Le Temps» 5814 US-Depeschen von Wikileaks-Gründer Julian Assange erhalten und gesichtet. Die Dokumente beleuchten die Beziehungen der Schweiz zu den USA, die meisten von ihnen wurden in den vergangenen zehn Jahren verschickt. Darunter befindet sich auch jene Depesche aus dem Jahre 2006, in der Liechtenstein als Musterschüler gelobt wird: Die liechtensteinischen Behörden seien in vielerlei Hinsicht ein Vorbild und man wünsche sich, die Schweiz würde sich auch dahin entwickeln, steht laut NZZ darin.
Calmy-Rey wirkte gegenüber den USA abweisend
Der Vergleich zwischen der Schweiz und Liechtenstein erfolgte nicht zufällig. Denn die US-Botschaft in Bern ist für beide Länder zuständig, und vor allem über die Schweiz ärgerten sich die USA in Vergangenheit mehrmals. So drückte Botschafter Peter Coneway 2007 beim Treffen mit der damaligen Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey Besorgnis darüber aus, dass die Schweizer Medien die USA ständig kritisierten. Coneway versuchte Calmy-Rey als Fürsprecherin zu gewinnen und erkundigte sich, ob sich das Image der USA in der Schweiz nicht irgendwie aufpolieren liesse. Ob es Wege gebe, auch die «good news» über die USA an die Öffentlichkeit zu bringen, wollte er von Calmy-Rey wissen.
Die Bundespräsidentin liess ihn offenbar abblitzen: Die Schweizer Aussenministerin sei kurz angebunden und reagiere auf Anregungen unverbindlich, hiess es in einer späteren Depesche. Das Verhältnis zur Schweiz sei korrekt und herzlich, es fehle aber eine natürliche Vertrautheit, schrieb Coneway schliesslich 2009 in seinem Abschlussbericht. Das dürfte allerdings noch höflich ausgedrückt gewesen sein: Denn die USA rieb sich bei mehreren Themengebieten an der Schweiz. So bemängelte sie die Gleichgültigkeit des Landes bei der internationalen Bekämpfung des Terrorismus.
Und bekanntlich empörten sich die Amerikaner über Calmy-Reys Auftritte im Ausland – insbesondere über ihren Besuch beim iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad, bei dem sie ein Kopftuch trug und auch in der Schweiz für Wirbel sorgte. «Eine unsägliche Reise sei dies gewesen», heisst es in einer US-Depesche.
Seit mit Donald S. Beyer 2009 ein neuer US-Botschafter in Bern Einzug gehalten hat, soll sich das Verhältnis zur Schweiz allerdings spürbar verbessert haben, schreibt die NZZ. Dies gehe aus den Depeschen neueren Datums hervor. Ob sich nun die Schweiz nach Liechtensteiner Vorbild gewandelt oder ob es einfach an der Personalia gelegen hat, sei dahingestellt.
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