Foto-Adventskalender, Tag 21Velo gegen Auto
Die stetige Zunahme des motorisierten Verkehrs forderte von der Polizei besonderen Einsatz.

In den Berichten von Unfällen der 1930er-Jahre wurden die Beteiligten am Unfall oft wie Gegenspieler dargestellt. So hiess es zum Beispiel: Auto gegen Lastwagen, Auto gegen Auto oder Velo gegen Auto, je nachdem, wer zusammengestossen war. Wer den Schaden hatte, war aus der knappen Formel meist leicht herauszulesen. Weil das Aufkommen des Verkehrs für alle etwas Neues darstellte, war das Verhalten der Bernerinnen und Berner auf den Strassen der neuen Lage nicht angepasst. Man musste in vielen Fällen geradezu von leichtsinnigem Verhalten sprechen, und dagegen musste etwas getan werden. Die Leute und insbesondere Schülerinnen und Schüler mussten die neuen Gefahren und neue Regeln kennen lernen.



«Die sich ständig mehrenden Verkehrsunfälle, denen so viele Kinder zum Opfer fallen, veranlassten die zuständigen Stellen, Massnahmen zu einer wirksamen Bekämpfung zu treffen. Eine Massnahme war vor allem, mitzuwirken an der Disziplinierung der Jugend, die zu Fuss oder per Rad sich der Gefahren der Strasse nicht immer bewusst war. Wenn also nicht nur Automobilistenvereinigungen und andere Instanzen, sondern auch die Justiz- und Polizeibehörden die Mithilfe von Elternhaus und Schule bei dieser Verkehrserziehung verlangten, so lag dies in der Natur der Sache», heisst es in «Schule in der Schweiz», einer Publikation der kantonalen Erziehungsdirektoren von 1937.

Inzwischen in der Innenstadt










Schule gegen Polizei
Die Polizei war in den 30er-Jahren für ein Obligatorium eines Verkehrsunterrichtes an den Schulen, aber die Bildungsverantwortlichen brauchten Zeit, denn es mussten noch grundsätzliche Fragen geklärt werden. So müsse man sich fragen, hiess es weiter in der Publikation «Schule in der Schweiz» von 1937, «ob das unumstrittene eindeutige Ziel unserer Schule», die Erziehung unserer Jugend zu sittlich wertvollen selbständig denkenden, harmonischen Menschen, für solche Aufgaben, wie die Verkehrserziehung, Raum übrig lässt. Die Frage ist berechtigt, ob der Verkehrsunterricht nicht in das Gebiet des ‹pädagogischen Materialismus› oder des ‹Utilitarismus› zu verweisen sei.»
Reine Nützlichkeit, Utilität, könne nicht zum «Wertmassstab der Bildungsstoffe» gemacht werden. Der Verkehrsunterricht wird im Text dann in eine Reihe gestellt mit den übertriebenen Wünschen des Luftschutzes und den etwas sonderbaren Anliegen der Aeroclubs, dass in der Schule «elementare Aviatik» gelehrt werden solle. All das sei abzulehnen, denn diese Themen könnten «niemals die klassischen Bildungselemente der Schule ersetzen, nämlich zur Geistes- und Gemütsbildung des jungen Menschen beizutragen».
Dies wurde geschrieben, zwei Jahre nachdem Carl Jost die Aufnahmen von den grossen Bemühungen der Polizei im Berner Lorrainequartier gemacht hatte. Die Polizisten leisteten ganz einfach einen nützlichen Beitrag zur Verbesserung der Sicherheit der Berner Schülerinnen und Schüler im Strassenverkehr. Ob die Fotos eine Reportage bilden, welche einen sich wiederholenden Ausbildungsgang dokumentiert, oder ein für alle Mal zu Schulungszwecken gemacht wurden, ist nicht bekannt. Auch in den 70er-Jahren kam ein Polizist in die Schule, um den Verkehrsunterricht abzuhalten. Er war weitherum bekannt, hatte eine Pistole am Gürtel und einen auffälligen Bürstenschnitt und hiess Urwyler. Auch heute kommen Polizisten in die Schule, und die Schülerinnen und Schüler müssen eine Veloprüfung machen.




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