Verdacht auf Pferdekrankheit – Käufer sind verunsichert
Böser Verdacht: Die gequälten Pferde aus dem Kanton Thurgau könnten die Druse-Krankheit verbreitet haben. Erwiesen ist: Die Thurgauer Behörden hatten Hinweise darauf, konnten aber keine Symptome feststellen.

Der Ausflug nach Schönbühl lohnte sich für Christoph Saner letzten Donnerstag voll und ganz. Der Solothurner Pferdezüchter sicherte sich beim Verkauf der Pferde des mutmasslichen Tierquälers von Hefenhofen dank Losglück den Urfreiberger Hengst Charly.
«Das war mein Wunschpferd», sagt er. Ein paar Tage später mischt sich die Freude mit Sorge. «Charlys Kopf ist geschwollen.» Saner hat nun einen bösen Verdacht: Der siebenjährige Fuchshengst könnte an der Pferdekrankheit Druse leiden und sie auf andere Pferde auf dem Hof in Ramiswil übertragen.
Tatsächlich ist Saner nicht der einzige neue Pferdebesitzer, der um die Gesundheit der Tiere bangt. Der Grund: Beim Kompetenzzentrum Veterinärdienste und Armeetiere besteht der dringende Verdacht, dass mehrere Tiere an Druse leiden. 8 Pferde wurden isoliert, wie «Schweiz aktuell» berichtete. Das Kompetenzzentrum hatte die 93 Pferde aus Hefenhofen während neun Tagen aufgepäppelt.
Bilder von der Versteigerung in Schönbühl.
Für Kommandant Jürg Liechti ist es gut möglich, dass die Druse durch die Thurgauer Pferde nach Schönbühl eingeschleppt wurde. Der Erreger könne aber auch über eigene Pferde oder Besucher mitgebracht worden sein. Die Armee hat Tests veranlasst.
Druse ist hochansteckend
Bei der Druse handelt es sich um eine Infektionskrankheit, welche die oberen Luftwege des Pferdes befällt. Sie wird durch ein Bakterium übertragen und gilt als hochansteckend. Die Zeit zwischen der Ansteckung und dem Auftreten der ersten Symptome beträgt 3 bis 14 Tage.
Die Lymphdrüsen schwellen an und eitern. Weitere Symptome sind beispielsweise Nasenausfluss, Fieber, Schläfrigkeit oder Husten. Die Folge: «Das Pferd leidet unter Atemnot, frisst schlecht und magert ab», sagt Züchter Saner.
Druse kann mit Antibiotika behandelt werden. Bis jetzt habe noch nie eines seiner Tiere unter Druse gelitten, sagt der Pferdezüchter. Zum Glück nicht: «Denn das ist ein Horror.» Laut Liechti ist die Krankheit bei guter Beobachtung «unproblematisch».
Glück bei der Auslosung
Saner betreibt auf dem Dubhof in Ramiswil eine Pferdezucht mit 77 Freiberger Pferden. Zudem ist er Vorstandsmitglied des Eidgenössischen Verbands des reinrassigen Freiberger Pferdes. Dessen Ziel: Pferde zu züchten, die kein Fremdblut aufweisen. Freiberger, die vor 1950 geboren wurden, gelten als Pferde ohne Fremdblut.
Auch Charly stammt aus einer solchen Linie. Im Namen des Verbands wollte Saner ihn deshalb unbedingt kaufen. «Ein solches Pferd bekommt man nur einmal im Leben.» 35'000 Franken wäre er dem Verband wert gewesen.
Saner hat schon lange ein Auge auf den Hengst geworfen. Früher stand er in Kontakt mit Ulrich K., dem einstigen Besitzer, der jetzt verdächtigt wird, Tiere gequält zu haben. «Er wollte von einem Verkauf aber nichts wissen», sagt Saner. Nach der Beschlagnahmung der Pferde wandte sich der Verband an den thurgauischen Kantonstierarzt Hans Witzig. «Wir erhielten aber kein Vorkaufsrecht.»
So blieb ihm nichts anderes übrig, als die Verkaufsaktion in Schönbühl zu besuchen. Um bei der Verlosung eine Chance zu haben, engagierte er eine Schar von Leuten. So gelang ihm der Coup – für 2900 Franken. Von der möglichen Krankheit ahnte er da noch nichts. Und er wusste auch nicht, dass die Behörden Kenntnis vom Verdacht auf Druse hatten.
Hinweis an Behörden
Am Dienstagmorgen unterhielt sich Saner am Telefon mit Ulrich K. Dieser habe ihm erklärt, dass der Kanton Thurgau gewusst habe, dass Pferde von der Krankheit befallen sein könnten, so Saner. Diese Darstellung bestätigt der Anwalt von Ulrich K. «Ich habe die Behörden kurz vor dem Abtransport der Tiere darauf hingewiesen, dass ein Druse-Verdacht besteht.» Die Beschlagnahme habe trotzdem stattgefunden.
«Es ist richtig, dass das Veterinäramt auf die Druse hingewiesen wurde», sagt Bettina Kunz, Mediensprecherin des Kantons Thurgau. Die Krankheit soll in Hefenhofen aber bereits im letzten Winter ausgebrochen sein. «Bei einer Untersuchung wurden keine Anzeichen auf aktuelle Erkrankungen entdeckt.»
Deshalb habe man auf eine Information verzichtet. Hinzu komme, dass die Druse nicht meldepflichtig sei. Weiter betont Kunz: Es sei überhaupt nicht sicher, dass die Krankheit, falls sie denn nachgewiesen werde, von Tieren aus Hefenhofen verbreitet worden sei. Laut Jürg Liechti wurde die Armee darüber informiert, dass es keine Hinweise auf meldepflichtige Krankheiten gebe.
Tierleid statt Tierwohl
Für Tierzüchter Saner ist hingegen klar, dass die Behörden über den Verdacht hätten informieren müssen. «Ich hoffe nicht, dass ich wegen dieser Verschwiegenheit in ein paar Tagen zusehen muss, wie meine Fohlen aus dem Kiefer eitern.» Überhaupt hätte aus seiner Sicht die ganze Aktion anders verlaufen sollen.
«Man hätte zuerst den Hof in Hefenhofen unter Quarantäne stellen müssen und die Tiere erst später verkaufen sollen.» Christoph Saner ist überzeugt: «Unser Kampf ums Tierwohl hat zum Tierleid geführt.»
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch