Viele Gäste sind mit der Signalisation überfordert
Nach dem vierten Vorfall mit Autos an Bahnübergängen in Interlaken wird die Frage immer dringender, ob die Bahninfrastruktur eine Mitschuld trage. Da die Unfälle durchwegs von ausländischen Fahrern verursacht wurden, drängen sich Massnahmen zu deren Information auf.

Im Wochenabstand steckte am Dienstag zum zweiten Mal ein Auto zwischen den Barrieren des Bahnübergangs Marktgasse fest. Dank rechtzeitiger Warnung an den Zug konnte der Lokführer einen Zusammenstoss vermeiden.
Im Artikel zum Vorfall war ebenfalls zu lesen, dass technische Massnahmen, die schwere Unfälle vermeiden sollen, den Vorschriften entsprechen. Blinkanlagen bei Barrieren werden aber von ausländischen Chauffeuren nicht als Haltegebot aufgefasst.
Zu den beiden Unfällen am Bahnübergang Marktgasse kam es im September 2016 wegen einer Kollision mit einem Auto am Übergang Postgasse und im Mai wegen einer solchen mit einem Reisebus auf der Beaurivage-Brücke. Im letzteren Fall gab es Leichtverletzte.
Wie bereits in der Mittwochsausgabe gemeldet, nahm BLS-Mediensprecherin Helene Soltermann Stellung zu den Vorfällen. Weiter erklärt sie, in Interlaken habe man etwa beim besonders exponierten Bahnübergang Bahnhofstrasse zusätzliche Sicherungsmassnahmen umgesetzt.
Raumüberwachung bei exponierten Übergängen
Der Bahnübergang befindet sich Bahnhofstrasse neben einem Kreisel und liegt in einem Doppelspurabschnitt. Das Risiko besteht, dass sich Fahrzeuge vor der Kreiseleinfahrt stauen und damit den Bahnübergang blockieren. Dieser Bahnübergang ist deshalb zusätzlich mit einem Metalldetektor zur Raumüberwachung ausgerüstet.
Solche Detektoren sind zwischen den beiden Gleisen und unter den Barrieren in der Strasse angebracht und registrieren, wenn ein Fahrzeug den Bahnübergang blockiert. Damit wird die Barriereschliessung verhindert, und das Signal vor dem Bahnübergang stellt nicht auf Fahrt um.
Auf dem BLS-Netz sind neben Interlaken-West auch in Gampelen, Huttwil und Menznau solche speziellen Raumüberwachungsanlagen eingebaut. Solche Überwachungsanlagen werden dort installiert, wo es oft zu Stau kommt oder wo die Züge den Bahnübergang schneller als mit 140 Stundenkilometern passieren.
Technisch komplexe Anlagen können zu Störungen führen
Warum installiert die BLS nicht mehr solche Detektoren? Dazu die Mediensprecherin: «Einerseits sind Installation und Betrieb solcher Raumüberwachungsanlagen teuer, andererseits handelt es sich um eine technisch komplexe Anlage, die ausfallen und damit Störungen verursachen kann. Dies beeinträchtigt den Bahnverkehr und kann zu Verspätungen führen.»
Bahnübergänge baut die BLS in der Regel so, dass ein stecken gebliebenes Fahrzeug schon mittels der vorhandenen Barrieren detektiert wird. Blockiert zum Beispiel ein Autodach eine Barriere, erreicht diese ihre horizontale Endlage nicht. So stellt das Signal im Bremsabstand vor dem Bahnübergang für den Lokführer nicht auf Fahrt um.
Verbesserungen auf der Beaurivage-Brücke
«Als Folge des Zusammenstosses zwischen einem Zug und einem Car im Mai 2016 auf dem Bahnübergang vor der Harderbahn hat die BLS in Absprache mit den Jungfraubahnen, zu der die Harderbahn gehört, die Sicherheit verbessert», erklärt Helene Soltermann. Die Barriere auf der Seite Harderbahn wurde näher an die Gleise gerückt.
Damit vermindert sich die Wahrscheinlichkeit, dass Fahrzeuge auf dem Bahnübergang zwischen den Schranken stehen, wenn sich die Barriere schliesst. Fahrzeuge und Fussgänger befinden sich mit dieser Massnahme weniger lang in der Gefahrenzone, die Situation ist übersichtlicher und klarer.
Die Bahnstrecke in Interlaken führt vorab durch dicht besiedeltes Gebiet mit insgesamt sechs Bahnübergängen. Die Mediensprecherin hält dazu fest: «Unsere Mitarbeitenden beobachteten vor Ort mehrfach Touristen, die mit der diesbezüglichen Signalisation nicht vertraut sind und das Haltegebot bei blinkendem Rotlicht nicht kennen.»
Nie auf dem Bahnübergang anhalten!
Helene Soltermann appelliert an die Autofahrer: «Ein Bahnübergang ist mindestens so gefährlich wie eine Strassenkreuzung.» Als Autofahrer müsse man vorausschauend fahren; bilde sich nach dem Bahnübergang Stau, müsse man zwingend vor dem Bahnübergang halten.
«Kommt eine Person am Steuer trotzdem in die gefährliche Situation, bei welcher sich beim Passieren eines Bahnübergangs die Schranken schliessen und das Fahrzeug zwischen den Schranken eingesperrt wird, sollte sie wenn möglich mit dem Auto sofort die Schranken durchbrechen», erklärt die Mediensprecherin.
So könne ein Zusammenstoss, der Verletzte oder sogar Tote fordere, verhindert werden. Zudem sei der materielle Schaden an der Schranke und am Auto kleiner als der Schaden, den eine Kollision zwischen einem Zug und dem Auto verursache.
Für Schäden kommt grundsätzlich die Haftpflichtversicherung des Fahrzeughalters auf. Das gilt laut der BLS-Mediensprecherin bei Schweizer und ausländischen Haltern.
Wie alle Bahnunternehmen überprüft auch die BLS die Sicherheit ihrer Bahnübergänge kontinuierlich. Jedes Ereignis wird laut Soltermann intern untersucht, und allfällige Massnahmen werden zur Verbesserung der Sicherheit umgesetzt. Im Übrigen sei die BLS im Rahmen des nationalen Projekts Sanierung der Bahnübergänge auf Kurs: 118 der 122 sanierungsbedürftigen Bahnübergänge sind saniert und erfüllen damit die gesetzlichen Vorgaben.
Bei den vier verbleibenden Übergängen läuft das Plangenehmigungsverfahren schon seit längerem, die Umsetzung ist jedoch noch durch Einsprachen blockiert. Somit werden in absehbarer Zeit alle Bahnübergänge auf dem BLS-Netz den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.
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