«Volle Bestätigung für die V-Bahn»
Auf Gesuch einer Einsprecherpartei hin hat die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission ihr eigenes Gutachten vom Juli 2014 zum geplanten Eiger-Express nochmals geprüft – und bleibt bei ihrem Standpunkt.

Der 21. Juli 2014 war ein wichtiger Tag für die Jungfraubahnen: Die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) veröffentlichte ein Gutachten, das zum Schluss kam, dass die geplanten Massnahmen für den Eiger-Express einen Objektperimeter des Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler «nur in leichtem Masse beeinträchtigt».
Laut Urs Kessler, CEO der Jungfraubahnen, war dieses Gutachten ausschlaggebend dafür, das V-Bahn-Projekt überhaupt voranzutreiben. «Bei einem negativen Befund hätten wir die Übung abgebrochen.»Unzufrieden waren damals die Einsprecher, die sich im Namen der Natur gegen den Eiger-Express wehren: Die Stiftung Landschaftsschutz, Pro Natura Bern sowie die Familie von Allmen, die unter anderem die Scheidegg-Hotels betreibt. Sie verlangten von den Behörden eine Wiedererwägung des Gutachtens.
ENHK: Keine neuen Tatsachen
Am 1. November 2016 nahmen die ENHK, die Bauherrschaft sowie Vertreter der Einspracheparteien einen neuerlichen Augenschein vor. Der neuerliche Prüfungsbericht, datierend vom 26. Januar 2017 und unterschrieben von ENHK-Präsident Herbert Bühl sowie Sekretär Fredi Guggisberg, liegt dieser Zeitung vor. Er richtet sich an das Bundesamt für Verkehr (BAV), dem das seilbahn- und eisenbahnrechtliche Plangenehmigungs- und Konzessionsverfahren obliegt. «Die Voraussetzungen für eine Wiedererwägung sind nicht erfüllt», steht im Bericht.
Die Kritik der Einsprechenden an der Beurteilung durch die ENHK sei kein ausreichender Grund für eine Wiedererwägung oder eine Neubeurteilung. «Dies käme nur dann infrage, wenn die ENHK anlässlich der ersten Begutachtung aus Versehen wesentliche Tatsachen übersehen hätte oder wenn seither neue Tatsachen bekannt geworden wären.» Dies sei nicht der Fall; die Kommission halte daher an ihrem Gutachten von 2014 fest und ersuche das BAV, auf dieser Grundlage zu entscheiden.
«Endlich respektieren»
Urs Kessler bezeichnet das Schreiben der ENHK als «verfahrensmässig verbindliche Bestätigung des Gutachtens von 2014». Somit seien die Jungfraubahnen berechtigt, die V-Bahn zu bauen. «Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Baubewilligung ist erreicht», sagt Kessler auf Anfrage. Das Projekt lasse sich nicht mehr verhindern, sondern nur noch verzögern. «Und diese Verzögerung schadet ganz klar der Männlichenbahn, deren Konzession 2018 ausläuft», so Kessler. «Es wäre schön, wenn die Einsprecher den demokratisch gefällten Entscheid nun endlich respektieren würden.»
Die Einsprache der genannten Parteien ist nicht die einzige, die noch hängig ist. Ein privater Landbesitzer, der von der Linienführung des Eiger-Express an Wärgistal betroffen ist, wehrt sich nach wie vor. Hingegen habe man bei den Einspracheverhandlungen in Grindelwald-Grund grosse Fortschritte erzielt. Die Einsprachen richten sich einerseits gegen das geplante Parkhaus, andererseits gegen die neue Haltestelle Rothenegg der Berner-Oberland-Bahn. «Ich bin optimistisch, dass wir hier in den nächsten Wochen eine Einigung erzielen können», sagt Kessler.
«Wir hätten uns vom Bericht mehr Substanz gewünscht.»
Sobald sämtliche Einsprachen vom Tisch sind, dürfte das V-Bahn-Projekt die Baubewilligung erlangen. Laut Kessler sind für die Jungfraubahnen wegen der Einspracheverhandlungen, der erforderten Gutachten sowie weiterer Aufwände, die infolge der Gegnerschaft nötig geworden sind, Kosten von circa einer Million Franken entstanden. «Hier wieder 20 000 Franken für einen Plan, dort wieder 20 000 für ein Gutachten — das summiert sich schnell einmal», sagt Kessler.
Optimismus herrscht also bei der Bauherrschaft. Die Gegner indessen sind vom Bericht des ENHK schwer enttäuscht. «Nach dem Augenschein vor Ort durften wir uns durchaus Hoffnungen auf einen anderen Bescheid machen», sagt Verena Wagner, Präsidentin von Pro Natura Bern. «Wir hätten uns von diesem Bericht mehr Substanz und generell eine aussagekräftigere Stellungnahme gewünscht.» Ein solches Projekt sei im Sinn des Naturschutzes umsichtiger zu behandeln. «Eine landschaftsschonendere Variante der Linienführung wäre möglich gewesen.» Auch aus touristischer Sicht sei das Projekt wegen der fehlenden Nachhaltigkeit fragwürdig.
Man warte nun den Konzessionsentscheid des BAV ab. «Doch wir sind realistisch: Die Wahrscheinlichkeit, dass das Projekt nochmals überarbeitet wird, ist klein.»
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