Wacker in andern Sphären
Morgen Samstag treffen Wacker Thun und der BSV Bern Muri aufeinander. Der Cupsieger aus dem Oberland ist dem Klub aus der Hauptstadt entrückt. Weshalb eigentlich?

Zahlen lügen nicht. 4 Titel hat Wacker Thun innerhalb der letzten 5 Jahre gewonnen, der BSV Bern Muri 0. Martin Rubin coacht die Oberländer seit 2007, der Klub aus der Hauptstadt beschäftigte in derselben Zeitspanne 5 Trainer. Die letzten 7 Begegnungen entschieden die Thuner für sich. 8 Punkte trennen die Berner Vereine gegenwärtig, dies entspricht 4 Erfolgen.
Wacker und der BSV mögen in der gleichen Klasse engagiert sein; die Oberländer spielen indes längst in einer andern Liga.
Der Cupsieger ist dem Kantonsrivalen enteilt. Er kämpft vor stets über 1000 Zuschauern unaufhörlich um Trophäen, der Traditionsklub derweil jeweils darum, überhaupt an der Finalrunde teilzunehmen, für die sich sechs von zehn Teams qualifizieren. 573 Leute wohnen den Partien des BSV durchschnittlich bei, er befindet sich fortwährend auf der Suche nach Aufmerksamkeit, Identität, Anschluss. Der dreimalige Meister – er verkörpert gerade pures Mittelmass.
Der letzte Mohikaner
Am 1. April 2011 war Wacker zu Hause im Derby im Hintertreffen gelegen. Die Thuner kehrten die Partie, siegten 30:24. Es war die Wende, nicht bloss in diesem einen Vergleich. Linkshänder Valentin Striffeler ist der Einzige aus dem damaligen Berner Kader, der geblieben ist.
Aufseiten Wackers gehören Andreas Merz, Marc Winkler, Luca Linder, Reto Friedli, Jonas Dähler und Lukas von Deschwanden noch immer zur Mannschaft. Sie sind zu Routiniers aufgestiegen, bilden den Kern des Ensembles, garantieren Leidenschaft, Klasse, Zusammenhalt und damit Konstanz.
Rubins Kritik
Kontinuität: Der Begriff fällt immer wieder, äussern sich Szenekenner zur Entwicklung der hiesigen Equipen. Thuns Coach Rubin sagt: «Die Verantwortlichen des BSV sind zu ungeduldig. Sie sollten einem Trainer Zeit gewähren, etwas aufzubauen.» Daniel Willi, Ressortleiter Handballförderung des Verbandes, erzählt: «Beim BSV ist kein klares Konzept zu erkennen. Es gab auf der Position des Trainerteams zuletzt zu viele Wechsel. Und neue Leute bedeuten auch immer: neue Ideen.»
Daniel Weber hat Verständnis für die Kritik. Der Sportchef der Stadtberner räumt Fehler ein, spricht selber von mangelnder Stabilität, hält fest, rückblickend betrachtet nicht immer die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Ungeduldig im Umgang mit Übungsleitern sei er indes nicht. «Sind wir überzeugt vom Weg, den ein Coach eingeschlagen hat, sind wir die Ersten, die Kredit geben.» Lukas Magnaguagno etwa, von 2013 bis 2015 an der Seitenlinie, habe unverändert das Vertrauen genossen, nachdem er das Team nicht in die Finalrunde habe führen können.
Weber erklärt aber auch: «Wenn wir sehen, dass es nicht gut kommt, müssen wir reagieren – alles andere wäre fahrlässig.» Der Sportchef lobt David Staudenmann, der seit der Entlassung von Dragan Dejanovic die Geschicke leitet. «Wir halten sehr viel von ihm und möchten mit ihm langfristig arbeiten.»
Die Berner Mentalität
Staudenmann dürfte künftig auch damit beschäftigt sein, die Genügsamkeit aus dem Umfeld des Klubs zu vertreiben. Diese nämlich haben Fachleute beim Verein aus der Hauptstadt ausgemacht. Rubin sagt über die Akteure, welche den Rivalen repräsentieren: «Sie sind sehr freundlich, gute Typen. Aber ihnen fehlt offenbar der letzte Biss. Manchmal kommt es mir so vor: Gewinnen sie, ist gut. Verlieren sie, hat es trotzdem Spass gemacht.»
Manuel Reber, welcher erst für Wacker, später für den BSV gespielt hat, bestätigt den Eindruck seines einstigen Trainers indirekt, wenn er erzählt, die klassische Berner Mentalität – etwas behäbig, nicht maximal entschlossen, zu wenig cool in den entscheidenden Augenblicken – sei im Hauptstadtklub ziemlich ausgeprägt.
Die Thuner ihrerseits hätten in der Mannschaft einige Antreiber, Vorkämpfer, dies wirke sich sehr positiv auf das Leistungsvermögen aus. Weber gibt zu: «Einen klassischen Leader hatten wir nicht gehabt, bevor wir Jakub Szymanski verpflichteten.»
Der neue Neuanfang
Die Berner haben im Herbst eine Sportkommission gebildet; die Verantwortung soll auf mehrere Schultern verteilt, die Anzahl Fehler reduziert, eine einheitliche Philosophie festgelegt werden. Weber verspricht sich davon eine Menge. Er dürfte auch an den Einzug in die neue Spielstätte in Gümligen denken, wenn er sagt, die Perspektiven seien hervorragend. Mit der Ankündigung verbreitet der Traditionsklub aber nicht Angst und Schrecken. Rubin meint: «Der BSV muss nun erst mal liefern.»
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