«War eine Ehre, dem Präsidenten und dem Land zu dienen»
Der umstrittene Sprecher des Weissen Hauses, Sean Spicer, hat nach sechs Monaten sein Amt niedergelegt. Seine Auftritte vor den Medienvertretern waren des öfteren unglücklich.
Der Sprecher des Weissen Hauses, Sean Spicer, ist laut US-Medienberichten zurückgetreten. Er reagierte damit offensichtlich auf die Ernennung des Finanzinvestors Anthony Scaramucci zum neuen Kommunikationsdirektor von Präsident Donald Trump.
Spicer sei mit dieser Personalentscheidung nicht einverstanden gewesen, berichteten unter anderem der Sender NBC und die «New York Times». Er soll zu Präsident Donald Trump gesagt haben, die Entscheidung für Scaramucci sei «ein grosser Fehler», berichtete die «New York Times».
Rücktritt bestätigt
Spicer bestätigte, dass er seinen Posten aufgibt. «Es war eine Ehre, dem Präsidenten der Vereinigten Staaten, Donald Trump, sowie diesem wunderbaren Land zu dienen», schrieb Spicer auf Twitter. Er wolle sein Amt noch bis Ende August weiterführen. Die Nachfolge wird Spicers bisherige Stellvertreterin Sarah Huckabee Sanders antreten. Das teilte Scaramucci in Washington mit.
Feind der Medien
Es kann gut sein, dass Sean Spicer es sehr bereut, sich jemals auf diesen Job im Weissen Haus eingelassen zu haben. Vor dem 20. Januar 2017 war er ein geachteter Medien- und Politstratege bei der Republikanischen Partei. In den Wochen danach wurde er wahlweise zum Feind der Medien, zum unvollkommenen Diener seines Herren Donald Trump - und auch zur Lachnummer.
Die Schauspielerin Melissa McCarthy fand als Spicer-Parodistin in der Comedy-Sendung «Saturday Night Live» so etwas wie eine Paraderolle.
«Die Rolle des Sprechers des Weissen Hauses ist eine Fernseh-Rolle», sagt der im Weissen Haus ein- und ausgehende CNN-Reporter Jim Acosta. Und kein Präsident in der US-Geschichte habe das Fernsehgeschäft besser verstanden als Donald Trump, der ehemalige Star der Sendung «The Apprentice».
Ein Scheitern Spicers war somit von Anfang an eine Frage der Zeit – zumal er stets hinter den Twitternachrichten herhecheln musste, die der Präsident höchstselbst in die Welt setzte.
Spicer erklärt Trumps Tweet. (Quelle: Tamedia/Mit Material der AFP)
Häufig wurde kolportiert, Trump habe nur auf den 45-Jährigen zurückgegriffen, weil er die Parteiführung, die jahrelang auf Spicer vertraut hatte, nicht von Anfang an vergraulen wollte. Sean Spicer wurde vom Tag eins an auch zur Zielscheibe der US-Medien, die an ihm ihre Unzufriedenheit mit der Regierungspolitik ausliessen.
Lügen und Fehler
Als er am 21. Januar die steile Thesen seines Präsidenten vertreten musste, bei dessen Vereidigung seien mehr Menschen gewesen als jemals zuvor bei der Amtseinführung eines Präsidenten, mutmassen viele: Trump wollte testen, ob Spicer für ihn lügt. «Dies war das grösste Publikum, das jemals einer Amtseinführung beiwohnte. Punkt!», sagte er und warf den Medien vor, sie würden versuchen, die enorme Unterstützung für Trump herunterspielen zu wollen – der Krieg, den er ohne die uneingeschränkte Unterstützung seines Präsidenten nie gewinnen konnte, war ausgebrochen.
Spicer wirft den Medien eine falsche Berichterstattung über Trumps Vereidigung vor. Video: AFP
Schwere Fehler Spicers folgten: Etwa als er sich auf der Flucht vor Reportern in die Büsche des Gartens im Weissen Haus schlug oder sich zu einem schrägen Assad-Hitler-Vergleich hinreissen liess.
Es entspann sich auf offener Bühne fast täglich ein Schlagabtausch, der selbst im Drama-erfahrenen Washington das Zeug zum Politikspektakel hatte. Spicer wurde zum Gesicht der Trump-Administration. Seine Aussagen verloren an Glaubwürdigkeit. Der Präsident führte seinen Krieg gegen die nach seiner Ansicht «Fake-News» verbreitenden Medien auch über Spicer.
Anderseits nutzten auch Journalisten durchaus die Gelegenheit, sich auf seine Kosten mit provokanten Fragestellungen, auf die sie selbst nicht ernsthaft eine Antwort erwarteten, vor laufenden Kameras zu profilieren. Nicht immer ging es fair zu – vor und hinter dem Podium.
Vor die Nase gesetzt
Sean Spicer muss gewusst haben, dass er diese Schlacht nicht lange weiterführen konnte. Er zog sich zurück, liess seine Stellvertreterin Sarah Sanders häufiger vor die Pressemeute treten und die Kameras im Saal abschalten - wohl in der Hoffnung, die vakante Stelle des weitaus strategischer ausgerichteten Kommunikationsdirektors einnehmen und dem Rampenlicht entfliehen zu können.
Das klappte nicht: Heute holte Trump für diesen Posten Anthony Scaramucci ins Weisse Haus – einen früheren Wall-Street-Investor, der zuletzt für die Export-Import-Bank der USA arbeitete und Trump in der Übergangsphase ins Weisse Haus unterstützte.
Und das nach alldem, was in der kurzen Zeit passiert war. Darunter der Besuch beim Papst, den der tiefgläubige Katholik Spicer in seinem Hotelzimmer verbringen musste, während die Trump-Familie beim Heiligen Stuhl empfangen wurde. Wie die Anekdote in Rom ist auch die Personalie Scaramucci ein Schlag ins Gesicht Spicers. Einer zu viel.
Wichtigste Positionen für eigene Leute
Für Trump ist es nur ein weiterer Schritt, mit der der Präsident die wichtigsten Positionen um sich herum, mit Leuten aus seinem beruflichen und privaten Dunstkreis besetzt. Scaramucci entstammt dem Geldhaus Goldman Sachs, wie viele aus der Administration.
Spicer, jahrzehntelang mit der republikanischen Partei verbandelt, war «Washingtonian». Scaramucci ist New Yorker, wie Trump. «Er spricht seine Sprache viel fliessender», sagt die CNN-Chefreporterin im Weissen Haus, Dana Bash. Die Republikaner, auf deren Ticket Trump sich hatte wählen lassen, blieben zunächst auffallend ruhig.
SDA/nag
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