Kriminalfall um einen Tessiner PriesterWarum nahm Don Samuele das Geld?
Ein Geistlicher bestahl jahrelang Familie, Freunde und Kirche. Die Geschichte eines verschwundenen Vermögens – und einer geheimnisvollen Männerfreundschaft.

Er hat ihm kürzlich eine Postkarte geschickt. Adressiert an den Carcere penale La Stampa. Die Strafvollzugsanstalt von Lugano. Maurizio Tamagni hat seinem 25 Jahre jüngeren Bruder geschrieben und ihm eine einzige Frage gestellt: Warum?
Das Wort schwebt auch an diesem Nachmittag durch das Wohnzimmer von Maurizio Tamagni, düster und ungreifbar wie ein Schatten. Der 65-Jährige kann sich bis heute nicht erklären, wie Samuele so etwas machen konnte. «Seine eigenen Eltern bestehlen. Seinen eigenen Bruder. Alle, die ihm vertrauten.» Er schüttelt den Kopf. Immer wieder. Ohne Wut. Aber voller Enttäuschung.