Treibstoffmarkt in der PandemieWarum Öl und Benzin immer teurer werden
Die Erholung der Weltwirtschaft führt zu einer rasant steigenden Nachfrage nach Öl. Die Opec entscheidet nun, ob sie mehr fördern soll.

Der Ölpreis kennt derzeit nur eine Richtung: nach oben. Seit Anfang Jahr ist der Ölpreis um fast 47 Prozent gestiegen. An einigen Tankstellen kostet Benzin deshalb schon wieder mehr als 1.70 Franken je Liter. Und darf man den Experten Glauben schenken, ist damit das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht.
Einerseits hat sich die Ölnachfrage wieder deutlich erholt, seit die Corona-Beschränkungen vielerorts gelockert wurden. Wenn Flugzeuge wieder abheben, Schiffe wieder fahren und Fabrikschlote wieder rauchen, wird eben auch mehr Öl gebraucht. Allein im Juni dürfte die Ölnachfrage um rund zwei Millionen Fass gestiegen sein, schätzt die Internationale Energieagentur. «Ein solch kräftiges Plus haben wir lange nicht mehr gesehen», sagt Ölexperte Giovanni Staunovo von der UBS.
Der grosse Unbekannte ist der Iran
Andererseits fürchten viele, dass die Delta-Variante des Coronavirus vor allem in Öl schluckenden Schwellenländern bald schon wieder zu Einschränkungen führen könnte: zu stillstehenden Fabrikbändern, parkierten Flugzeugen und ankernden Schiffen. Würden sich dann auch noch die Vereinigten Staaten mit Iran in Sachen Atomabkommen einigen, könnte das Land den Ölmarkt fluten – und Schätzungen zufolge 1,2 Millionen Fass Rohöl am Tag auf den Weltmarkt kippen und damit die Preise drücken. «Davor haben viele am Ölmarkt wirklich Respekt», sagt Experte Thomas Benedix von der Fondsgesellschaft Union Investment.
Die Vertreter des Förderkartells Opec, die sich am Ende der Woche virtuell zusammenschalten, stehen also vor schwierigen Entscheidungen. Lieber weiter künstlich weniger Öl fördern, als man könnte – oder mehr an den Markt bringen, um schnell Geld hereinzuwirtschaften? Neben den grundsätzlichen Erwägungen von Angebot und Nachfrage prallen dabei vor allem harte politische Interessen aufeinander.
Unterschiedliche Interessen
Um ihren Staatshaushalt zu balancieren, brauchen die Saudiaraber rund 80 Dollar je Fass, die Russen jedoch kaum mehr als 40 Dollar. Während die Russen also gern um jeden Preis schnell mehr fördern möchten, wollen die Saudiaraber lieber vorsichtig bleiben und die Ölnotierungen noch etwas treiben.
Für die Autofahrer wird das Treffen der Ölminister darum mitentscheiden, in welche Richtung die Spritpreise in den kommenden Monaten tendieren. Die meisten Experten rechnen mit einem Formelkompromiss: Während die Kartellstaaten im vergangenen Jahr auf einen Schlag fast zehn Millionen Fass pro Tag vom Markt nahmen, haben sie inzwischen bereits knapp die Hälfte davon wieder zurückgebracht. Nun könnten sie ihre Förderbremse weiter lockern und rund 500’000 Fass wieder an den Markt geben. Dass solch ein Schritt die Preise allerdings deutlich senken kann, glaubt niemand. (red)
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