Wasserspiele am Flügel
Die gefeierte Pianistin Hélène Grimaud, auch mit Leidenschaft engagiert als Naturschützerin, spielte in der Kirche Saanen.

Sie hat das Wolf Conservation Center in Upper New York State gegründet und ist Mitglied der Organisation «Musicians for Human Rights». Und als wäre dies neben ihrer regen Konzerttätigkeit nicht schon genug, greift die bald 50-jährige Hélène Grimaud auch regelmässig zur Schreibfeder.
Was dies alles mit ihrem tief bewegenden Klavierabend unter dem Titel «Water» im Rahmen des Menuhin Festival Gstaad zu tun hat? Es ist ganz einfach: Diese einzigartige, feingliedrige Frau und Musikerin vereint in sich ein leidenschaftliches, mitfühlendes Herz, einen Hauch scheuer Wildheit und die Tiefe und Poesie eines klaren Bergsees. Sie prägt und lässt sich prägen mit und von allem, was sie tut. Hélène Grimaud gibt es nur ganz oder gar nicht.
Schmetterlingsflügeln gleich
Wasser durchzog also den ersten Teil des Rezitals, an der Quelle noch ein kleines Rinnsal, später ein munterer Bach oder gar ein gewaltiger Strom. Still und meditativ fielen in Luciano Berios «Wasserklavier» erste Tropfen in eine unberührte Oberfläche, gefolgt von Toru Takemitsus leichtem Regenschauer aus «Rain Tree Sketch II». Weiter schlängelte sich der musikalische Fluss unaufhaltsam an Faurés «Barcarolle Nr. 5» und Ravels «Jeux d'Eau» vorbei zu Albéniz' Iberischer Suite und den unendlichen Tiefen von Debussys «Cathédrale engloutie».
Die Quelle dieses mal leise plätschernden, mal reissenden Stroms entsprang aus der Künstlerin selbst. Im Pedal noch der Nachklang des vorangehenden Stückes, bebten die zarten und doch so kräftigen Hände Schmetterlingsflügeln gleich bereits über den Tasten zum nächsten, und mit ihrer poetisch-pittoresken Tonsprache durchflutete die Französin die voll besetzte Kirche Saanen bis zur letzten Orgelpfeife hinauf.
Grimauds starke Ausdruckskraft und ihre eindringliche Musikalität fanden nach der Pause in Johannes Brahms' Klaviersonate Nr. 2 in fis-Moll ihren Höhepunkt. Mit ihrer einnehmenden, bescheidenen Persönlichkeit wirkte sie dabei selber wie ein Naturphänomen, brillant, begnadet, in höchstem Masse expressiv und keiner Worte mehr bedürftig.
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