Wenn der geschenkte Gaul gefälscht ist
Ein Fälschungsskandal erschüttert Europa. Kein Wunder: 10 bis 20 Fälschungen befänden sich in jeder grösseren Sammlung, sagt die Berner Museumsdirektorin Nina Zimmer.

Ein Bild – eben noch Millionen Euro wert, in der nächsten Sekunde bloss noch ein wertloses Stück Sperrmüll. Immer wieder fallen Museumsdirektoren und Galeristen, Sammler und Auktionatoren auf Kunsthändler herein, die gefälschte Werke auf den Markt bringen, unter anderem als Museumsschenkungen.
Berner Kuratoren kennen die Problematik
Dass gerade im Bereich der russischen Avantgarde zahlreiche Fälschungen kursieren, ist bekannt. So bekannt, dass Kuratoren bei entsprechenden Werken ein speziell wachsames Auges drauf werfen müssen. Das wissen auch das Zentrum Paul Klee (ZPK) und das Kunstmuseum Bern. Die beiden Partnerinstitutionen eröffneten diesen Frühling die Doppelausstellung «Die Revolution ist tot. Lang lebe die Revolution!», unter anderem mit Bildern von russischen Avantgardekünstlern wie Kasimir Malewitsch, Wladimir Tatlin oder Alexander Rodtschenko. Im Vorfeld der Vernissage erklärte das Kuratorenteam um Kathleen Bühler, Michael Baumgartner und Fabienne Eggelhöfer, es habe auf die Beratung einer externen Expertin zurückgegriffen, um alle Bilder auf ihre Echtheit zu überprüfen.
Letzte Woche äusserte sich Nina Zimmer, Berner Museumsdirektorin, zur Problematik «russische Avantgarde» auf Radio SRF 2 – und überraschte dabei mit einer Aussage zu Museumssammlungen im Allgemeinen: «In jeder grösseren Museumssammlung befinden sich 10 bis 20 Fälschungen.»
Oft gelangten die falschen Meisterwerke durch Nachlässe oder Schenkungen in renommierte Häuser. So auch das Ölgemälde «Das Schweigen im Walde» (1899), das sich als Legat im Kunstmuseum Bern befindet und angeblich von Arnold Böcklin stammen sollte. Als Zweifel an der Echtheit aufkamen, zog das Museum den Böcklin-Spezialisten Hans Holenweg bei, den Gründer des Basler Arnold-Böcklin-Archivs. Und siehe da: Die Zweifel erhärteten sich, beim Gemälde handelt es sich um eine Fälschung.
Nicht alle Werke, die sich als nicht authentische erweisen, fallen jedoch in die Kategorie der vorsätzlichen Fälschung. Es kommt immer wieder vor, dass ein Bild einem falschen Künstler zugeschrieben wird – zum Beispiel, weil eine Signatur fehlt. So ist schon seit langem unklar, ob das Porträt «Frau mit Franse» im Kunstmuseum Bern tatsächlich vom italienischen Künstler Amedeo Modigliani stammt. Abklärungen dazu sind im Gang. «Wenn ich von 10 bis 20 Fälschungen spreche, dann meine ich alle, nicht nur solche, die in Fälschungsabsicht gemacht wurden, sondern auch jene, die etwa falsch zugeschrieben wurden», konkretisiert Zimmer.
80 Prozent der geprüften Werke sind Fälschungen
Wie steht es denn um die anderen grösseren Museumssammlungen im Kanton, beinhalten sie auch mehrere Fälschungen? Gering ist das Problem im Zentrum Paul Klee. Grosse Teile der 4000 Arbeiten umfassenden Sammlung stammen aus Familiennachlässen des Hauskünstlers.
Im Kunstmuseum Thun sind ebenfalls keine Fälschungen bekannt. Ein Grossteil der Werke in der öffentlichen Sammlung Schweizer Kunst wurden von der Stadt Thun direkt bei den Kunstschaffenden erworben. Auch bei den anderen Beständen dominiert der regionale Fokus. Der kleine Markt an Schweizer Kunst macht das Geschäft für Fälscher in den meisten Fällen unattraktiv: «Der Aufwand wäre viel zu gross», meint auch die Thuner Museumsdirektorin Helen Hirsch.
So oder so: Damit der Aufnahme von Fälschungen vorgebeugt wird, ist eine genaue Prüfung von Nachlässen und Schenkungen für die Museen essenziell. Denn viel von dem, was als vermeintliches Original in den Stuben hängt, stellt sich als Fälschung heraus. «Von jenen Werken, die Privatpersonen zur Echtheitsprüfung im Zentrum Paul Klee vorbeibringen, stellen sich 80 Prozent als gefälscht heraus», so Kunstmuseums- und ZPK-Medienchefin Maria-Teresa Cano. Bei der Vorstellung, dass sich in Grossmutters Keller noch ein unentdeckter Picasso versteckt, bleibt es in den meisten Fällen beim Traum.
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