Wenn die Uhr über Nacht ins Bankfach muss
Über mangelnde Aufträge muss sich Martin Pauli keine Sorgen machen. Der Berner Uhrenkünstler produziert Unikate für Reiche und Mächtige auf der ganzen Welt. Nun stellt er die Uhren mit seinesgleichen in der Brunngasse aus.
Hie und da glitzern die Prunkstücke am Handgelenk eines Scheichs oder Milliardärs, meist werden sie in deren Safes aufbewahrt. Nun sind sie für vier Tage an der Brunngasse 58 zugänglich fürs Publikum: In der Time Gallery stellt der Berner Uhrenkünstler Martin Pauli mit elf weiteren Könnern seiner Profession Unikate von Uhren der Weltklasse aus (siehe links). Seit 2003 steht die Time Gallery offen. In zehn Vitrinen sind normalerweise rund fünfzig Uhren ausgestellt, die Pauli in den letzten Jahren einzeln angefertigt hat. Jede sieht anders aus. Pauli kennt keine Grenzen bei der Auswahl von edlen Metallen, Steinen und Hölzern, auch nicht bei geschliffenen Gläsern oder japanischem Lack. Glatte Oberflächen sind die Regel, aber Pauli stellt auch Reliefs her. Die gemalten Sujets reichen von zarten Blumenarrangements für die feminine Kundschaft bis zu den orientalisch angehauchten Aktbildern für die Scheichs und Sultane. «Für den saudischen Kronprinzen habe ich ein Zifferblatt mit dessen Porträt gemalt», berichtet Pauli und gibt damit einen Vorgeschmack darauf, mit wem er es zu tun hat. Russen mögen lieber ikonenähnliche Marienbilder oder Selbstporträts im napoleonischen Stil. Neues ZifferblattDie ruhige Hand, die man zum Malen von Miniaturen braucht, hat er von klein auf. «Schon als Schulkind habe ich viel gezeichnet und gemalt», verrät er. Der heute 48-Jährige besuchte die Kunstgewerbeschule in Bern und beendete seine Lehre bei Loeb. Jahrelang gestaltete er mit seinen Kollegen die legendären Loeb-Schaufenster und stieg später zum Werbechef und Marketingleiter auf. «Ich arbeitete sechs Tage die Woche», erzählt Pauli rückblickend, «aber dank Kompensationen fand ich immer wieder Zeit für meine Leidenschaft, die Metallbearbeitung.» Als 20-Jähriger begann Pauli, «nebenher» bei Messer Klötzli in Burgdorf Edelstahle hochpräzis zu bearbeiten. Ins Uhrengeschäft gelockt wurde er vor fünfzehn Jahren von Freunden, die an einer neuen Mechanik herumtüftelten. Trotz Rückschlägen entstand 1998 das sogenannte «Angular Momentum», übersetzt das Drehmoment: Der Stundenzeiger bekam ein eigenes Zifferblatt. Das Ablesen der Zeitanzeige ist gewöhnungsbedürftig. Paulis Uhren sind so exklusiv, dass die klassische Werbung mit Inseraten und Plakaten wenig Sinn machen würde. An Stelle eines Werbebudgets in Millionenhöhe setzt der erfahrene Marketingprofi auf «verrückte Produkte», wie er seine Uhren bezeichnet. «So etwas kommt in die Medien.» Seine umfassende Webseite bewirtschaftet er intensiv, und in den letzten Jahren hat er über Blogs eine ganze Community seinesgleichen kennen gelernt. Neuer Auftrag aus Katar«Die Community bringt zwar kein Geld, aber wichtige Kontakte.» Ohne die Community wäre auch die bevorstehende Ausstellung von zwölf Künstlern nicht zu Stande gekommen. Für die nächsten vier Tage wird Pauli seine Vitrinen leeren und seinen Kollegen Platz machen für insgesamt rund hundert Unikate.» Nach der Ausstellung kann sich Pauli einem Grossauftrag aus Katar widmen. 180 Uhren hat ein Scheich bestellt, jede mit einem Preis im mittleren fünfstelligen Bereich. «Über genaue Zahlen reden wir nicht», sagt der Uhren- und Schmucklieferant der Reichsten der Welt.
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