Wie IBM die Frauen gegen sich aufbrachte
Das IT-Unternehmen wollte Frauen für Technik begeistern und forderte sie auf, ihren Föhn zu hacken. Die Aktion überlebte nicht lang.
Gut gemeint, ist das Gegenteil von gut: Diese Lektion hat der US-amerikanische Techkonzern IBM gerade auf die harte Tour gelernt. Er wollte mit einer Kampagne Frauen dazu bringen, sich für Technologie zu begeistern – und brachte sie stattdessen gegen sich auf.
Alles begann mit einem Videoclip, den IBM Anfang Oktober auf Youtube veröffentlichte. «Weniger als drei von zehn Ingenieur- und Naturwissenschaftsjobs sind von Frauen besetzt», sagt eine weibliche Stimme. «Das ist komisch. Denn Innovation weiss nicht, wie du aussiehst. Innovation interessiert sich nicht dafür, wo du herkommst. Alles, was für Innovation zählt, sind Ideen.» Welche Ideen das sein könnten, zeigt IBM ebenfalls im Video: Da werden Haartrockner zweckentfremdet, um eine Pingpong-Kanone zu entwerfen oder Musik zu machen. Unter dem Motto «Hack a Hairdryer» (hacke einen Föhn) ruft IBM Frauen schliesslich dazu auf, ihre eigenen Ideen für alternative Haarföhn-Verwendungszwecke einzureichen.
Das Video blieb wochenlang auf dem Netz, ohne dass es gross aufgegriffen oder verbreitet worden wäre. Am Montag dann entstand auf Twitter plötzlich eine Gegenbewegung: Unter dem Hashtag #Hackahairdryer meldeten sich Kritiker zu Wort, unter ihnen viele Frauen, die bereits in Ingenieursberufen tätig sind. Sie warfen IBM Sexismus vor: Die Kampagne bediene sich genau der Stereotype, welche sie eigentlich bekämpfen wolle. «Schon okay, IBM, ich baue lieber Satelliten, aber viel Glück mit der ganzen #Hackahairdryer-Angelegenheit», schrieb eine Wissenschaftlerin. Eine andere meint: «Ich würde ja einen Föhn hacken, aber ich bin zu beschäftigt damit, Nanotech zu machen und Krebs zu behandeln.»
Und schliesslich mischte sich sogar noch die Londoner Feuerwehr in die Diskussion ein: «Wir halten uns aus der Sexismusdebatte heraus, wir geben aber zu bedenken, dass es generell eine schlechte Idee ist, einen Föhn zu hacken, und möglicherweise ein bisschen gefährlich.»
«Für einige das Ziel verfehlt»
Nachdem die Aktion vorher quasi unbemerkt gelaufen war, ging nun alles sehr schnell: IBM entfernte das Video und die dazugehörigen Tweets noch am selben Tag. Sie waren Teil einer grösseren Kampagne zur Förderung der Frauen in den Mint-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). «Die Aktion hat für einige das Ziel verfehlt, und dafür entschuldigen wir uns. Sie wird nicht weitergeführt», sagte ein IBM-Sprecher zu den Medien.
Dabei wären die Anliegen der #Hackahairdryer-Aktion durchaus berechtigt. Das zeigt ein Blick auf die Entwicklung des Frauenanteils in den Mint-Fächern an Schweizer Universitäten. Er ist zwar zwischen 2002 und 2010 von 24 auf 30 Prozent gestiegen, seither stagniert er hingegen. Das Bundesamt für Statistik listet die wichtigsten Gründe dafür auf: geschlechterspezifische Stereotype (Ansicht, dass Jungen besser über Technik Bescheid wissen als Mädchen), fehlende weibliche Mint-Vorbilder oder eine bei Mädchen tiefere Einschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit in Mint-Fächern.
IBM wollte ohne Zweifel einige dieser Probleme angehen – und ist dabei just selber in die Falle der Geschlechterstereotype getappt. Das ist umso erstaunlicher, als IBM im Bereich der Frauenförderung als fortschrittlich gilt. Konzernchefin ist die Amerikanerin Ginni Rometty, IBM Schweiz wurde von 2012 bis 2013 von Isabelle Whelton geführt. Auch in Deutschland sitzt mit Martina Koederitz eine Frau an der Spitze, der Posten des CFO ist dort ebenfalls von einer Frau besetzt. IBM komme talentierten Frauen entgegen, indem sie ihre Arbeitszeiten selbstständig gestalten könnten mit Blick auf Familie und Freizeit, sagte Koederitz in einem Interview mit der «Huffington Post». Ihr Tipp zur Frauenförderung: Führungskräfte müssten im Unternehmen nach talentierten Frauen suchen und sie unterstützen, denn «Talente findet man nicht einfach so».
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