Eine Bonuszahlung ist kein Menschenrecht
Stefan Schnyder, Leiter Ressort Wirtschaft, zur rekordtiefen Zustimmung der CS-Aktionäre beim Vergütungsbericht.
Die Credit-Suisse-Spitze musste sich an der Generalversammlung (GV) einiges anhören. Es ist zu hoffen, dass die Referate nicht einfach bei einem Ohr rein- und beim anderen wieder rausgingen.
Denn der von Urs Rohner präsidierte Verwaltungsrat agierte im Vorfeld der GV in der Bonusfrage abgehoben. Wegen Strafzahlungen in Höhe von 5,3 Milliarden Dollar in den USA schrieb die Grossbank im vergangenen Jahr einen Verlust von 2,7 Milliarden Franken und bezahlte gleichzeitig Boni im Umfang von 3,1 Milliarden Franken.
Dies stiess auf Widerstand: Am Karfreitag gab die Bankspitze bekannt, dass die Geschäftsleitung bereit ist, auf 40 Prozent der Boni zu verzichten. CS-Präsident Urs Rohner zeigte gestern eine gewisse Einsicht: «Im Rückblick mag unsere Sensibilität für dieses Thema gerade auch im internationalen Umfeld nicht genügend hoch gewesen sein», räumte er ein.
Die Diskussion um die Boni bei der Credit Suisse zeigt, dass es zwei verschiedene Interpretationen gibt, was ein Bonus ist. Die CS-Spitze versteht darunter eine Art Provision, die einem Kadermann einfach zusteht, wenn er die gesteckten Ziele erreicht hat. Auch bei einem Verlust. Für Nichtbanker ist dagegen ein Bonus eine Gewinnbeteiligung, wenn das Unternehmen gut gewirtschaftet hat.
Die Aktionäre haben ein klares Signal gesendet: Sie haben dem Vergütungsbericht nur mit 58 Prozent zugestimmt. Das ist ein sehr mageres Resultat. Normalerweise werden Vergütungsberichte mit deutlich über 90 Prozent der Stimmen angenommen.
Zwar ist die CS-Spitze nochmals mit einem blauen Auge davongekommen. Aber das Ergebnis ist wie ein Auftrag, die Bonuspolitik nochmals gründlich zu überdenken. Hohe Boni bei einem Milliardenverlust versteht einfach niemand.
Der Bonustopf von 3,1 Milliarden Franken wird unverständlicher, wenn die Bank zwei Tage vor der Generalversammlung bekannt geben muss, dass sie in den nächsten Wochen 4 Milliarden Franken über eine Kapitalerhöhung aufnehmen will. Die Bank hat also Geld als Boni verteilt, welches sie eigentlich nicht hat.
Deshalb braucht es eine neue Kultur. Als erster Schritt müsste allen Bankmanagern klargemacht werden, dass eine Bonuszahlung kein Menschenrecht ist. Weiter sollte gelten, dass es nur einen Bonus gibt, wenn das Unternehmen einen Gewinn erwirtschaftet hat und die Eigenkapitaldecke sehr solide ist.
Und schliesslich wäre es sinnvoll, wenn der Verwaltungsrat einmal im Jahr mit einer Runde Kleinaktionäre über seine Bonuspolitik diskutieren würde. Vielleicht wäre das ein Mittel, der CS-Spitze mehr Bodenhaftung zu geben.
stefan.schnyder@bernerzeitung.ch
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