Metzger und Kranführer auf die Schulbank
Die Gewerkschaften verlangen ein Recht auf Weiterbildung für alle - auch für Ungelernte. Der Bund soll seine Beiträge dafür auf 280 Millionen Franken verdoppeln.
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) stellte in Bern sein neues Berufs- und Weiterbildungskonzept vor. Das heutige System verstärke die in der Grundausbildung zementierten sozialen Ungleichheiten. Das müsse sich ändern, fordert SGB-Präsident Paul Rechsteiner (SP/SG) mit Blick auf ein allfälliges Weiterbildungsgesetz.
Bezahlter Weiterbildungsurlaub
Ein Hochschulabsolvent beispielsweise beteilige sich heutzutage mindestens dreimal mehr an Weiterbildungskursen als ein Ungelernter. Ein männliches Kadermitglied unter 55 erhalte in der Regel vom Arbeitgeber die nötige Weiterbildungszeit und auch die Kurskosten bezahlt. Der SGB will aber gleiche Chancen für alle.
Er fordert deshalb für alle Berufstätigen ein Recht auf eine regelmässige berufliche Standortbestimmung, auf einen bezahlten Weiterbildungsurlaub sowie eine verstärkte Förderung der höheren Berufsbildung. Zur Finanzierung dieser Anliegen seien die Beiträge der öffentlichen Hand von heute 140 Millionen Franken mindestens zu verdoppeln.
Alle fünf Jahre eine Standortbestimmung
Der Anspruch auf eine alle fünf Jahre stattfindende kostenlose Standortbestimmung zur Abklärung der persönlichen Bildungsbedürfnisse muss laut SGB gesetzlich verankert werden und für das ganze Erwerbsleben gelten. Allen müsse das Recht auf jährlich fünf Tage bezahlten Weiterbildungsurlaub zugestanden werden, kumulierbar während drei Jahren.
Den Absolventen einer Berufslehre mit eidgenössischem Fähigkeitsausweis oder vergleichbarem Abschluss sei künftig zusammen mit dem Zeugnis ein Weiterbildungsgutschein über 5000 Franken abzugeben. Dieser könnte während sechs Jahren bei einer vom Bund anerkannten Institution der höheren Berufsbildung eingelöst werden.
Angebote für funktionale Analphabeten
Ferner seien neue Angebote für funktionale Analphabeten zu schaffen. Die Sprachkenntnisse von Migrantinnen und Migranten seien durch einen Weiterbildungsgutschein und einen einmaligen Zeitkredit von 500 Kursstunden während der Arbeitszeit zu fördern.
Der SGB will seinerseits den Bildungsurlaub in den Gesamtarbeitsverträgen (GAV) besser verkankern. In vielen Branchen bestehe noch Nachholbedarf, sagte SGB-Zentralsekretär Peter Sigerist.
In jenen Branchen, in denen der Weiterbildungsurlaub im GAV geregelt sei, werde er zu wenig genutzt. Dies liege daran, weil die Arbeitgeber zu wenig auf die Möglichkeit aufmerksam machten oder weil sie sich zu wenig an den Kosten beteiligten oder zu wenig Zeit zur Verfügung stellten.
SGV gegen «staatliche Einmischung»
Demgegenüber lehnt der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) «jegliche staatliche Einmischung» in Weiterbildungsbelange ab. Einmal mehr suchten die Gewerkschaften für die Durchsetzung ihrer Anliegen das Heil in gesetzlichen Bestimmungen.
Sowohl ein Recht auf berufliche Standortbestimmung als auch ein Recht auf bezahlten Weiterbildungsurlaub seien jedoch nicht Aufgabe des Staates. Insbesondere der bezahlte Weiterbildungsurlaub müsse wie bis anhin sozialpartnerschaftlich auf Ebene der Gesamtarbeitsverträge geregelt werden.
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