«Lieber suchen viele Afrikaner einen Wunderheiler auf»
Der Kampf gegen das tödliche Ebola-Fieber ist auch deshalb so schwierig, weil viele Betroffene den internationalen Helfern misstrauen. Ein deutscher Arzt erzählt.

Der deutsche Arzt Max Gertler ist am Donnerstag von einem dreiwöchigen Einsatz im Ebola-Katastrophengebiet aus Guinea zurück nach Berlin gekommen. Für den 39-Jährigen und seine Organisation «Ärzte ohne Grenzen» ist es eine schwierige Mission.
Die Menschen in Westafrika müssten über die heimtückische Todesseuche und ihre Übertragungswege aufgeklärt werden. Mit der Warnung vor einem Virus im biologischen Sinne könnten nur wenige in den abgelegenen Gegenden etwas anfangen, sagt Gertler im Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters.
In den Dörfern werde die Krankheit «eher wie eine Strafe empfunden», wenn sie womöglich noch eine Familie treffe, der ohnehin wegen irgendetwas Vorwürfe gemacht würden.
Die Bevölkerung begegne den internationalen Helfern in ihren weissen Schutzanzügen vielfach mit Misstrauen, schildert er den Einsatz. Lieber suchten viele Afrikaner einen Wunderheiler auf. In einem Fall sei ein Mann gestorben, der sich von einer Heilerin habe behandeln lassen. Doch auch diese habe sich mit Ebola infiziert, sei in ein Behandlungszentrum gekommen und dort nach zwei Tagen gestorben.
Danach hätten die Dorfbewohner das Vertrauen verloren. Helfer und lokale Behörden wurden bedroht, jeder Zugang zum Ort wurde ihnen verwehrt. «In der Zeit sind zehn oder elf Menschen gestorben in dem Dorf», berichtet Gertler.
Dringend mehr Personal benötigt
Ärzte ohne Grenzen unterhält fünf Behandlungszentren in den drei Ländern. Zudem werde versucht, zwei alte Zentren in Liberia zu übernehmen. Doch die Kapazitäten seien bis an die Grenzen ausgeschöpft. «Es braucht dringend mehr internationale Hilfe, wir brauchen auch mehr Personal, um die Zentren auszustatten.»
Ohnehin sei es mit der Behandlung der Patienten nicht getan. Vor allem die Kontaktpersonen von Infizierten müssten nachverfolgt und über drei Wochen lang beobachtet werden. Dazu müssten sie jeden Tag kontaktiert werden, um sie bei den ersten Symptomen aus ihrem Familienkreis zu entfernen und in ein Behandlungszentrum zu bringen.
Denn ab dann ist die Krankheit ansteckend, nicht jedoch in der Zeit zwischen Infektion und Ausbruch, wie Experten betonen. In 60 bis 90 Prozent aller Fälle führt sie zum Tod.
Seelische und körperliche Belastung
Für die Helfer sei der Einsatz nicht nur mit einer seelischen Belastung verbunden, sondern verlange ihnen auch körperlich einiges ab. Unter den dicken Plastikanzügen, mit schweren Stiefeln, drei Paar Handschuhen und Gummistiefeln lasse sich nur eine Stunde am Stück arbeiten, danach sei eine Pause notwendig, erläutert Gertler.
Kollegen, die zum Teil dort seit April im Einsatz seien, legten stets nach einigen Wochen eine Erholungsphase ein. «Bevor Ermüdungsentscheidungen auftreten, muss man sich eine Pause gönnen. Wenn man müde und unkonzentriert wird, dann können Fehler auftreten und Ebola bestraft das ganz hart.»
Dass die Epidemie in Guinea, Sierra Leone und Liberia ein so grosses Ausmass annehmen konnte, führt Gertler vor allem auf die lange Zeit zurück, bis die Krankheit entdeckt und als Ebola erkannt worden sei.
Helfern bleibe nichts anderes übrig, als ihre Angst zu überwinden und in «angemessenen Respekt und Vorsicht vor der Erkrankung» umzuwandeln, sagt Gertler. Die Schutz- und Desinfektionsmassnahmen seien aber sehr streng und penibel. Bislang habe sich von Ärzte ohne Grenzen kein Mitarbeiter oder Freiwilliger mit Ebola infiziert.
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