Die Zeitung «Le Monde» wirft dem Elysée Spionage vor
Das Pariser Weltblatt behauptet, das Präsidialamt habe seine geheime Quelle in der Spendenaffäre illegal ausspioniert.
Von Oliver Meiler, Marseille Der Ton wird immer gehässiger, die Affäre um Macht und Geld immer grösser. Die Pariser Abendzeitung «Le Monde» berichtete am Montag, das Elysée habe über den Inlandgeheimdienst eine ihrer geheimen Quellen in der Spendenaffäre um die L’Oréal-Erbin Liliane Bettencourt und um den früheren Budget- und heutigen Arbeitsminister Eric Woerth ausspionieren und auffliegen lassen. Der hohe Beamte im Justizministerium, ein Strafrechtsexperte, dessen Telefon abgehört wurde, sei vor einigen Tagen versetzt worden. Mit «Elysée» ist das Büro des französischen Staatspräsidenten gemeint – von Nicolas Sarkozy also. In seinem scharfen Kommentar auf der Frontseite bezeichnete die Chefredaktorin von «Le Monde» den Inlandgeheimdienst als «schwarzes Kabinett», das nach Belieben vom Elysée gesteuert werde, und kündigte eine Anzeige an. Das Präsidialamt wies die Vorwürfe «total» zurück. Politisch hoch brisant Diese neuerliche Wendung in der Affäre, die sich zusehends zur Staatsaffäre auswächst und Sarkozy auch direkt trifft, ist doppelt brisant. Erstens juristisch: In Frankreich gibt es seit kurzem einen Paragrafen im alten Gesetz zur Pressefreiheit, der die geheimen Quellen der Medien ausdrücklich schützt. Eine Ausnahme gilt einzig für den Fall, dass die Aufdeckung der Quelle dem Interesse der Allgemeinheit dient. In diesem Fall ist jedoch allein dem Interesse von Sarkozy persönlich und dessen politischen Freunden gedient. Sie stehen im Verdacht, von den Bettencourts illegal viel Geld erhalten zu haben. Brisant ist die Wendung zweitens – und vor allem – politisch: Warum stemmt sich das Elysée so vehement gegen alle Ermittlungen, die journalistischen wie die juristischen, wenn es sich bei den Enthüllungen nur um «niedere und haltlose Gerüchte» handeln soll? Seit Beginn dieser Affäre kontern die Politiker aus Sarkozys Lager alle Vorwürfe mit virulenten Attacken gegen die Presse. Arbeitsminister Woerth sieht sich als Opfer einer «medialen Steinigung». Doch die politischen Pressionen stoppten die Enthüllungen nicht. Offenbar stiess dem Präsidialamt Mitte Juli vor allem ein Bericht in «Le Monde» auf. Darin hiess es, Bettencourts Vermögensverwalter Patrice de Maistre habe bei seiner Anhörung erklärt, dass er die Ehefrau von Woerth auf Druck des Ministers hin als Anlageberaterin in der Familienholding der Milliardärin engagiert habe. Ins Pfefferland geschickt Die Details der Aussagen, die de Maistre in der Untersuchungshaft gemacht hatte, waren der Zeitung von ihrer diskreten Quelle übermittelt worden, dem Strafrechtsexperten der Justizministerin. Der Geheimdienst prüfte daraufhin dessen Telefonate und fand auf der Liste einen Anruf an den Journalisten. Der Beamte wurde sofort seiner Funktion enthoben und weit weggeschickt – nach Cayenne, dem Hauptort von Französisch-Guyana. Man trug ihm auf, dort ein Appellationsgericht aufzubauen. Die Opposition fordert die Regierung nun einmal mehr auf, sich endlich zu erklären und eine unabhängige Ermittlung im «Woerth-Gate» zuzulassen. Der Staatsanwalt von Nanterre, Philippe Courroye, der das Dossier betreut, ist ein Vertrauter Sarkozys. In der französischen Öffentlichkeit wird an seiner Unbefangenheit gezweifelt.
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